Der Hoftag
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...schreibt Gislebert von Mons, Kanzler des Grafen Balduin aus dem Hennegau und Augenzeuge des Geschehens im Mai 1184: „…Auch König Heinrich, ihr Sohn, trug mit ihnen die Königskrone. Bei dieser Festkrönung beanspruchten die mächtigsten Fürsten das Recht, das Reichsschwert zu tragen, nämlich der Böhmenherzog, der auf dem Hoftag mit 2000 Rittern erschien; Herzog Leopold von Österreich, ein tüchtiger und freigebiger Ritter, mit 500 Rittern; der neue Sachsenherzog Bernhard mit 700 Rittern; Pfalzgraf Konrad bei Rhein, des Kaisers eigener Bruder, mit 1000 und mehr Rittern, sowie der Landgraf von Thüringen, ein wackerer Mann und Neffe des Kaisers, der mit 1000 oder mehr Rittern kam. Da gab der Herr Kaiser dieses Schwert dem Grafen von Hennegau zu tragen, und niemand widersprach; denn er war ein Mann von großem Ansehen in aller Welt, war zum ersten Mal auf einem Hoftag und hatte auf demselben Hoftag unter den Fürsten und anderen Adligen viele hochvermögende Verwandte.“ Heinrich von Veldeke als Augenzeuge: „Nie habe ich von einem so großen Fest gehört, wie es Eneas abhielt – außer jenem zu Mainz, das wir selbst gesehen haben. Danach brauchen wir nicht fragen; es war ganz unermeßlich groß, wo Kaiser Friedrich zweien seiner Söhne das Schwert verlieh und wo für viele tausend Mark verbraucht und verschenkt wurde. Kein Lebender hat, glaube ich, je eine grössere Festlichkeit gesehen..., bei der so viele Fürsten und Menschen aller Stände anwesend waren. Es leben heute noch genug, die das bezeugen können.“ Und noch einmal Gislebert von Mons: „Am Pfingstmontag wurden Herr Heinrich, König der Römer, und der Schwabenherzog Friedrich, die Söhne von Herrn Friedrich, Kaiser der Römer, zu Rittern geweiht. Zu ihren Ehren gaben sie und alle Fürsten und anderen Adligen viele Geschenke an Ritter, Gefangene, Kreuzfahrer, Gaukler und Gauklerinnen, nämlich Pferde, kostbare Gewänder, Gold und Silber. Denn die Fürsten und anderen Adligen gaben nicht nur zu Ehren ihrer Herren, nämlich des Kaisers und seiner Söhne, sehr freigebig das Ihre aus, sondern auch zur Verbreitung ihres eigenen Ansehens und Ruhmes. Am Montag und Dienstag nach dem Essen veranstalteten die Kaisersöhne ein Schauturnier, und daran nahmen schätzungsweise 20.000 Ritter und mehr teil. Es war ein Turnier ohne scharfe Waffen; die Ritter führten ohne Stoß und Hieb die Schilde, Lanzen und Banner vor und tummelten die Pferde. Bei diesem Turnier zeigte auch Herr Friedrich selber geziemend vor den anderen seinen Schild, obwohl er von Gestalt nicht größer oder ansehnlicher als die übrigen war; der Graf von Hennegau, der ihn bei diesem Turnier bediente, trug ihm die Lanze.“
Zitiert aus Hehl, E.-D., Vom Fest des Herrschers zum Fest Christi, in: Dreyer, M./Rogge, J., Mainz im Mittelalter, Mainz 2009, S. 118-21 Aus der ersten Textstelle ergibt sich eine Gesamtzahl von über 5000 Rittern, da der Begriff des „Ritters“ weit gefasst war, werden hier Grafen, Edelfreie sowie Ministeriale aufgezählt, also berittene gepanzerte Reiter mit ihren Standesabzeichen Schwert, Schild, Sporen, etc, einem hohen Ehrenkodex verpflichtet. Auch der Herzog von Österreich wird als „Ritter“ bezeichnet. Die hohe Zahl der Anwesenden erstaunt und man wird die „berüchtigte Null“ am Ende streichen müssen. Denn mittelalterliche Chronisten verwendeten Zahlen nicht als Fakten, sondern als „literarisches Stilmittel“, wei es B. Tuchmann formulierte. Haben die Territorialherren alle ihre Untergebenen zu einem solchen Großereignis aufgerufen, wie es bezeugt ist, falls Friedrich bsplw auf die Roncalischen Felder in Norditalien rief. Folgte man dieser Anweisung nicht, bestand die Gefahr sein Lehen zu verlieren! 20.000 Streiter an zwei Turniertagen sind vollkommen unmöglich, denn wie hätte man diese Zahl der Kämpfe koordinieren wollen? Selbst 2000 sind eigentlich nur zu erklären, wenn jeder Bewerber, der in die Schranken trat in unterschiedlichen Disziplinen gezählt wurde, vom Massenbuhurt bis zum Einzelkampf. So waren Mehrfachnennungen einzelner Personen vielleicht möglich. Wieviel Kampfbahnen standen zur Verfügung? Wer konnte Zuschauen? Wie groß war das Areal, welcher Platz stand auf den Rheinwiesen bei Mainz zur Verfügung? Der Troß der Beteiligten ist ungenannt. Welche Massen samt Tieren galt es zu versorgen und tägliche Hinterlassenschaften zu entsorgen? Die in den Quellen genannten Zahlen lassen die Stirne runzeln... Beachtung sei der Titulierung Friedrichs als „Kaiser der Römer“ geschenkt und für seinen Sohn Heinrich (VI.) „König der Römer“. Es gab keinen „deutschen Kaiser“ im MA, den gab es erst nach 1871. Der „deutsche König“ avancierte zum „römischen Kaiser“ in Nachfolge spätantiker Persönlichkeiten und dem wiederbelebten karolinigisch-ottonischen westlichen Kaisertum. Im Eigenverständnis wurde er damit zum Oberherrn Europas, vornehmlich der Gebiete nördlich und südlich der Alpen. Denn die Westfranken wehrten sich gegen diese Idee der Vereinnahmung, nachdem sie ja einst selbst die Kaiserkrone beansprucht hatten. Eigentlich war sie an die beidseitige Grenzregion, das urspl. Mittelreich „Lotharingen“ samt Italien bis in die 2. Hälfte des IX. Jhs gebunden. Das Mittelreich existierte in dieser Form aber nicht mehr und war aufgeteilt zwischen West und Ost, Italien eigenständiges Königreich. Die hohe Festlichkeit im Mai 1184 fand ihr Ende durch ein heftiges Unwetter, welches große Teile des Lagers niederlegte. Ähnliches musste auch die Reenacterszene an Pfingsten vor ein paar Jahren erleben. Die eigene Erfahrung damals glich einer dreiviertelstündigen Kap-Hoorn-Umfahrung und ich vermag nicht mehr zu sagen, ob der Boden dabei eben blieb oder auf und ab schwankte? König Heinrich VI. traf im selben Jahr 1184 noch ein zweites Unglück, oder hatte er in beiden Fällen eher Glück, daß er überlebte. Auf dem Erfurter Hoftag zur Schlichtung der Streitigkeiten zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem Thüringer Landgrafen Ludwig III. brach im gewählten Patrizierhaus im oberen Stockwerk der Boden und alle landeten in der Kellerkloake, wo sie zum Teil jämmerlich ersoffen. König und Erzbischof sassen in einer gemauerten Fensternische und konnten mit Leitern aus der luftigen Höhe befreit werden.
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