I.-VIII. / IX.-XI. / XI.-XIII. / XIII.-XIV. / XIV. / XV. / XV.-XVI. Jh "ab nach Hause"
DRAGAL
Historischer Kontext: In Folge der Pest hatten sich die Besitzverhältnisse deutlich geändert. Überlebende stellten Prunk und Reichtum zur Schau, da ihnen Erbmasse zugefallen war und sie das Vermögen der Gescheiterten aufsaugten. In England kauften Großgrundbesitzer Yeomen freie Ländereien auf. Die Menschenverluste hatten die Basis des Feudalsystems beschnitten und die Sozialstrukturen waren im Wandel. Überlebende unterer Schichten begehrten auf, prangerten soziale Ungerechtigkeiten und Mißstände an, das Standesbewusstsein der ländlichen Bevölkerung wuchs. So kam es Ende des XIV. Jhs zu Bauernaufständen, den Peasent Revolts, die dazu führten, dass auf der Insel innerhalb von zwei Generationen die Leibeigenschaft abgeschafft wurde! Bei den gehobenen Schichten wandelte sich das bisher übliche Vasallenverhältnis des Niederadels zu ihren Lehnsherrn in eine Vertragsbeziehung mit Unterhaltszahlung. Es entstanden Privatarmeen, die sich im 100jährigen Krieg auf dem Kontinent beweisen mussten. Im Reich wurden Kleiderordnungen dieser Zeit mit großer Schärfe verfasst, erst gegen 1400 gab es einen Trend zur Schlichtheit und mit 8 Millionen Einwohnern wurde ein Wert erreicht, der bereits für die Zeit um 1200 angenommen wird. Der Adel begann die zugigen Höhenburgen zu verlassen, um sich in der Nähe der Städte oder Meyerhöfe einen geziemenden Wohnsitz einzurichten. Burgen gingen ihres militärischen Werts verlustig. Zu teuer war der Unterhalt, zu unbequem das Leben dort. Mächtige Adelshäuser beherrschten Europa, die dynastisch verbunden waren. Im Reich fiel der Thron erneut dem Haus Luxemburg zu. Geprägt von traditioneller frz Erziehung verbreitete es die Modesitten Frkrchs an dt Höfen und beeinflusste das Kunstschaffen in den Bürgerstädten. Dank Karl IV. (1347-78), der sieben Jahre in Paris erzogen und in erster Ehe mit einer Prinzessin aus dem Haus Valois vermählt war - durch seinen Vater Johann mit der böhmischen Krone beerbt - und seit 1347 auch zum dt König gewählt, wuchs Prag zu einer Großstadt an der Peripherie des Reiches heran. Vom kulturellen Zentrum des Hofes ging starke Strahlkraft aus. Die Bauhütten der Parler verbreiteten den böhmischen Stil als eine Symbiose aus regionalen und östlichen Elementen mit der frz Kultur. Kennzeichen waren lang gestreckte manieristische Formen. Durch Karl IV. und nicht zuletzt mit Kg Sigismund (reg 1410-37) wurde mehr Blick auf die östl. Höfe gewandt, erfuhr böhmische und polnische Kultur europäische Aufmerksamkeit. Auch Ungarn, mit seinen magyarischen Wurzeln, schloss sich durch das dortige Herrscherhaus der Anjou seit Beginn des XIV. Jhs näher an Europa an. Auf dem Balkan drangen die Osmanen weiter vor. In einem der letzten großen Kreuzzüge versuchte man sie aufzuhalten, was aber 1396 bei Nikopolis mißlang. Das Heer wurde vornehmlich durch Franzosen und Burgunder gestellt, so wäre erklärbar auf welchem Weg ungarische Formen nach Westeuropa gelangten.[1] |
1350-1400 - Spätgotik - Vom französisch-luxemburgischen zum böhmischen Stil
Abb aus Sammelband der Werke Guillaume de Machauts, Paris 1355-60
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Rinke = Schnalle / Spenglin = Zierbeschlag (Niete) / Senkel oder Ort = Zunge eis = Eisen, me = Messing, ws = Weißmetall, vs = versilbert, vg = vergoldet FO = Fundort, AO = Aufbewahrungsort, ae = ähnlich |
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In Frkrch hatte Kg Johann II. (d Gute 1350-64) aus dem Hs Valois seinen jüngsten Sohn Philipp mit dem Herzogtum Burgund belehnt, nachdem es an die Krone gefallen war. Der Aufstieg Burgunds begann als Philipp (der Kühne, Hz 1363–1404) gegen die Auflehnung flandrischer Städte 1378 wegen der kriegsbedingt hohen Steuerlast im 100j. Krieg vorging. Philipp schlug nicht nur den Aufstand nieder, sondern gewann 1384 die Hand der Gräfin Margarete v Mâle, Witwe des Grafen von Flandern. Damit fielen Burgund neben den reichen Städten Brügge, Ypern, Gent die Grafschaften Artois und Nevers sowie die Freigrafschaft Burgund (östl. der Saone) zu. Mit dem Hauptbesitz war Philipp nach wie vor Vasall des frz Königs. Durch den Neuerwerb wurde er gleichzeitig dem röm-dt Kaiser lehnspflichtig, wie bereits viele Herren vor ihm im frz-dt Grenzland. Die wachsende Macht wurde in Frankreich argwöhnisch beäugt, vor allem als Philipp und sein Neffe Ludwig, Hz von Orléans (1392–1407) gleichzeitig die Regentschaft für den geisteskranken frz Kg Karl VI. (1380–1422) wahrnahmen, untereinander bald in Machtkämpfe verstrickt, was im XV. Jh letztlich zum Bürgerkrieg zwischen Bourguignons und Armagnacs eskalieren sollte. |
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1350-1400: 2. Mode in der zweiten Hälfte des XIV. Jhs 3. Gürtelrekonstruktionen zur Darstellung gehobener Schichten (A-B) 4a. Gürtelformen des einfachen Volkes 4b. Gürtelrekonstruktionen zur Darstellung des einfachen Volkes (C-E) 4c. Gürtel mit Eisenschnallen im XIV. Jh ___Info: Eisenproduktion vom HMA zum SMA |
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1. Quellen für die zweite Hälfte des XIV. Jhs: Durch die Pest angefacht kam es in den Städten zu zahlreichen Judenprogromen. Aus der Not dieser Personen schlägt die Wissenschaft heute Kapital mit der Auffindung von versteckten Kostbarkeiten in Hortfunden.[2] Da der „Schwarze Tod“ alle Standesgrenzen überwand, konnten viele gesellschaftliche Positionen nicht mehr besetzt werden. Zur gesteigerten geografischen Mobilität der Gesellschaft kam nun eine soziale. Dem Klerikerstand fehlte das gut geschulte Latein beherrschende Personal. Die bis dahin fest gefügte Ordnung wurde durchlässig für Personen aus weniger privilegierten Schichten, um schnellstmöglich entsprechende Positionen zu besetzen. Mit der Mehrung der Sachkultur bei den Hinterbliebenen ging der Anspruch auf politische Mündigkeit einher. Umso stärker war man darauf bedacht im Äusseren durch Maßregeln den Schein zu wahren mit Kleiderordnungen, die regelten wer befugt war bestimmte Tuche, Schnitte, Schmuck und Accessoires zu tragen, wobei das Vermögen darüber entschied. Mit preislichen Obergrenzen wurde versucht dem Kleiderluxus Einhalt zu gebieten und übertreibende Gewandungsträger vor dem Ruin zu bewahren. Prunksucht und Neid zu vermeiden hieß auch den Frieden innerhalb der Gesellschaft zu erhalten. Kleiderordnungen sicherten weltlichen und geistlichen Machthabern ihre Positionen, wobei im zunehmenden Maß auch die städtische Obrigkeit als Ordnungserlasser erschien.[3] Kleider dienten der „Lesbarkeit“, sie machten den Stand kenntlich. So wird in mittelalterlichen Epen die Gewandung der Protagonisten oft genau beschrieben, um zu erkennen mit wem man es zu tun hatte. Mancher Autor pflegte mit den Erwartungshaltungen seines Lesers/Hörers zu spielen, damit er sich daran ergötze. In den Städten konzentrierte sich durch den hohen Wirtschaftsfaktor der Reichtum. Nicht selten folgte dem steilen Aufstieg mehr Anspruch als Sein, Mißwirtschaft und Überschuldung. Es kam zu Ständekämpfen zwischen Patriziat und Zünften um die Herrschaft im Rat. Auf Kosten der jüdischen Einwohner erfuhren Kommunen wie Prag oder Nürnberg gefördert durch Karl IV. einen Bauboom, so dass uns heute in Form von Skulpturen an den Stadtkirchen aus dieser Zeit Quellen zur Verfügung stehen. Nicht nur Adelige, auch gehobene Bürger treten uns in schriftlichen Testamenten gegenüber, im XIV. Jh gewöhnlich in „teutscher Mundart“ verfasst. Diese Schichten erwähnen zur Wende XIV./XV. Jh silberne Gürtel, wie ein cingulum argentum, das silberyne Gortelin, welche vermacht werden sollten. Ein Kölner Weinhändler vererbte 1397 seinen beiden Töchtern Silberschmuck und Münzen. Die Anzahl der erhaltenen Altarretabeln beginnt sich langsam zu mehren, wobei auf Reichsgebiet hölzerne Tafeln wie ein Triptychon beweglich durch Scharniere klappbar waren - deshalb „Flügelaltäre“-, während in Italien eher mit Gold und Rahmenwerk versehene Schaualtäre prunkten. Retabeln waren letztlich programmatische Zeichen der gesellschaftlichen Stellung ihrer Stifter. Durch die Flügeltüren kam die Gemeinde nur während der Zeit hoher Feierlichkeiten im Rhythmus des Kirchenjahrs in den Genuß der Betrachtung (Wandelaltar). Meist blieben die Tafeln geschlossen. Die Temperafarben auf grundiertem Holz waren gemessen an späteren Ölfarben stumpf, gewannen aber Glanz durch vergoldete Hintergründe, die prachtvoll erstrahlten. Wie in der Buchmalerei (Bspl „Manesse“) wurde keine Landschaft gemalt und Architekturdetails blieben angedeutet. Die Themen stammten aus dem Leben Jesu, der am Kreuz meist die zentrale Position einnahm, aber auch die Heiligen, denen Kirche und Altar geweiht waren, fanden ihren Auftritt und zunehmend wurde der Stifter in personam aufgeführt. Auch sozial niedere Schichten fanden ein wenig mehr Beachtung in der künstlerischen Wiedergabe, natürlich in den ihnen zugedachten Rollen. Buchilluminationen stellen vor allem in Frankreich, im „klassischen Land der Illustrationskunst“ [Jerchel, 1932] eine wichtige Quelle dar. An den Höfen der adeligen Auftraggeber fertigten Hofmaler reich verzierte Prachthandschriften auf Pergament an. Einen gewichtigen Teil des Kunstwerks nahm der italienisch beeinflußte Buchschmuck mit Initialen, Ranken und Drolerien ein, ab den 1380er Jahren den gesamten Text umlaufend. Auch die kleinen Gemälde auf den Seiten wandelten sich. Aus den lange Zeit üblichen gemusterten oder goldenen Hintergründen traten nun Andeutungen von Landschaft, Häusern oder Interieurs hervor. Aus Italien kamen Anregungen der Architektur Gewicht in den Bildern zu verleihen, so dass in der Kunstgeschichte bald von einem „bühnenartigen Aufbau“ gesprochen werden sollte. Menschen und Tiere agierten in arrangierten künstlichen oder natürlichen „Räumen“ mit einer gewissen Tiefenwirkung, wie es südlich der Alpen auch in der großflächigen Malerei üblich wurde, aber auf Reichsgebiet noch lange nicht. In Frankreich galt die hohe schlanke Gestalt mit zierlichen Gliedern als Schönheitsideal, kräftige Farben und gemusterte Stoffe unterstützten die Anmut. Die Maler ersetzten normierte Formtraditionen zunehmend durch eigene Beobachtungen, ein Wesenszug, der im XV. Jh äusserst prägnant werden sollte. Der niederheinisch-westfälische Raum und Niederdtld nahm um 1400 zuerst die neue Malkunst auf. Pastellartige deckende Farben wirkten wie Anleihen bei der ital. Freskomalerei (Anfang XIV. Jh), vermutlich war die illuminierten frz Bücher auch hier die Ideentransporteure. Es bleibt allerdings fraglich, wer solch kostbaren Bücher zu Gesicht bekam. Süddeutsche und österreichische Künstler folgten frz-italischen Anregungen nur zögerlich. Mit Ausnahme der Werke des Prager Hofs, wirkten die meisten in der figürlichen Darstellung derber und massiger, brachten den manieristischen Stil nicht zum Ausdruck. Die Figuren standen oft ohne dramatische Bewegungen in wohl durchdachten Kompositionen nebeneinander, sie trugen weich fließende Gewänder in gemäßigte Farben. So wurde der Eindruck von Harmonie und Ruhe erzeugt. Wobei die süddt Werke keineswegs plump oder ohne Reiz waren, wie die „Toggenburgbibel“ von 1411 aus Lichtenstaig für den Grafen Friedrich VII. von Toggenburg nebst Gemahlin in Deckfarben auf Pergament gefertigt. Realismus war angestrebt, die Figuren erscheinen plastisch und die Bilder sind detailliert, dass sich Aussagen zu Gürteln machen lassen. Allerdings blieb die Lichtsituation undifferenziert und auch die sich entwickelnde Raumperspektive der innovativen westeurop. Kunst fehlte zunächst. |
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2. Mode in der zweiten Hälfte des XIV. Jhs (höfische u hochbürgerliche Formen): Bereits in der ersten Hälfte des Jhs setzten viele Neuerungen ein. Frauen- und Männerkleidung ließ sich nun genauer differenzieren als in den voran gegangenen Jahrhunderten. Beim adeligen Mann hatte, ausgelöst durch militärische Entwicklungen, das kurze Gewand Verbreitung gefunden, von oberschenkel- bis knielang. Rüstungen mit Panzerelementen ersetzten das lange Kettenhemd. Die neuen Rüstungsteile erforderten das kurze Gewand, das hauptsächlich von der adeligen jungen, waffenfähigen Generation übernommen wurde. Dadurch geriet die Beinbekleidung des Mannes ins Blickfeld. Enge Beinlinge betonten die Anmut eines wohlgeformten Männerbeins. Möglich wurde dies durch Barchent, ein Mischgewebe von Leinen und Baumwolle. Der Raum südlich der Donau mit guten Verbindungen über den Brenner als Importweg für Baumwolle und der Bodenseeraum mit guten Flachsanbaubedingungen sollten zur Hochburg der Barchentproduktion für lange Zeit werden. Mit den kürzeren Gewandformen begannen sich bei den Männern der Oberschichten auch die Gürtel bis auf Oberschenkel-, zuweilen auch Knielänge einzukürzen. Die Gürtel waren oft breit, wirkten massiv und schwer, mit grossen Beschlägen versehen, bis hin zum Metallgurt dem Dusing. Die überlangen Varianten aus der Wende XIII./XIV. Jh, wie noch in der Manesse oder Weingartner Liederhandschrift abgebildet, verschwanden, bis auf einige Beispiele bei speziellen ritualisierten Handlungen an den Höfen mit angehängtem Dolch über die Schulter getragen (Bspl. Abb. der Cortes von Barcelona Mitte XIV. Jh oder Darstellung der Kurfürsten vor König Karl IV. 1378n im Wappenbuch von Geldern). Aber auch historisierende Darstellungen erforderten noch überlange Gürtelformen. Nicht nur die städtische Kleiderordnung entschied über das Gewand, sondern auch das Lebensalter. Zu festlichen Anlässen und in gehobener Gesellschaft, waren nach wie vor lange Gewänder Pflicht, beim Adel manchmal durchgehend geknöpft. Diese Mode hielt sich noch eine gute Weile im XV. Jh und sollte als offizielle Kleidung des gestandenen Bürgers in den Städten lange vorherrschend bleiben. Der bürgerliche Mann trug dazu einen kurzen 3 bis 4 cm breiten Ledergürtel oft mit schlichter runder oder eckiger Schnalle. War das Gürtelende länger als eine Handspanne, zeigten breite Gürtel gelegentlich die Schlaufung, ansonsten wurde es, bei den schmaleren Gürteltypen sowieso, meist links oder rechts zur Seite unter den Gürtel geschoben. Trotz der langen Gewandung blieben die meisten Gürtelformen mit Oberschenkel- bis Knielänge also eher kurz. Provokant und schockierend präsentierten sich jugendliche Adelige gelegentlich bewußt ohne standesgemäßes Obergewand, um die eng anliegenden körperbetonten modischen Kurzgewänder zu zeigen. Das war dem Bürger aber noch lange nicht erlaubt. Es zeigten Stoff, Verbrämung, Kopfbedeckung und viele Details wer welchem Stand angehörte. Folgt man den zeitgenössischen Malern, dann liebten die Wohlhabenden um 1400 die Stoffülle mit reichem Faltenwurf. Berücksichtigt man den Generationenwechsel gibt es allerdings keine vollkommen einheitliche Mode und die Gewandlängen, oder Ärmellängen wechselten sich immer schneller einander ab. „Wer heuer ein Schneidermeister war, der wurde übers Jahr wieder zum Lehrburschen, so sehr hat sich der Schnitt der Kleider in diesen Zeiten gewandelt“.[4] Zur Zivilgewandung konnte von der Oberschicht auch der schwere Metall-Dusing getragen werden, selbst noch 1495 auf der Kreuzabnahme beim häufig thematisierten adeligen „Josef von Arimathea“ abgebildet. Er trug im SMA meist eine kostbare gemusterte Kleidung, siehe auch Retabel aus Flandern in der Dortmunder Reinoldikirche von 1410-20. Dem gegenüber der Partner und „die helfende Hand“ der einfacher gekleidete bürgerliche „Nikodemus“, manchmal mit der Zange in der Hand. Es bleibt aufschlußreich diese beiden Personen als Motiv in der Abgrenzung von Bürgern adeliger und nichtadeliger Herkunft über die Jahrhunderte zu verfolgen. Auch die adelige Frauenmode begann die natürlichen Vorzüge des Leibes hervor zu heben und bei einem Mangel derselben mit kleinen Tricks Abhilfe zu schaffen. Durch Schnürungen und das vermehrte Setzen von Knöpfen war ein enger Sitz der Kleidungsstücke möglich. Brust, Taille und Hüfte wurden herausgestellt, künstlich durch Nähte, Korsagen und Polster auf ein Idealbild geformt. Mal lagen die Ärmel eng an, bald darauf weiteten sie sich trompetenförmig. Das Dekollete war ein deutlich vergrösserter Halsausschnitt, die Brust hoch bandagiert und die schlanke Taille rückte nach oben. Kirchliche Vertreter wetterten gegen diese noch nie da gewesenen Freizügigkeiten. Ihre Attacken gegen die modischen Auswüchse mit unterstellter Wollust stehen uns als Quellen aus den Protokollen der Konzile und Synoden zur Verfügung. Die Kirche versuchte, oft vergebens, auf die Gewandung Einfluß zu nehmen. Manchmal gelang es ihr auf Umweg über die Kleiderordnungen mit einem moralischen Apell, auch Wanderprediger fanden diesbzgl. durch hohen Zulauf in weiten Teilen der Bürgerschaften Gehör.[5] Der Frauengürtel wurde auf recht unterschiedlicher Höhe getragen und war mit bis zu zwei Finger Breite etwas schmaler als die männliche Variante. Neben einer hohen Tragweise unterhalb der Brust und der auf Taillenhöhe, rutschte er später auf die Hüfte und wurde bei der adeligen Frau oft durch die reiche Fältung des Übergewands verdeckt, kam nur durch die Höllenfenster zum Vorschein. Hier waren auch breite Metallgürtel möglich, oft kunstvoller verziert als der schwere ritterliche Dusing. So schien sich die Mode, ausgelöst wohl durch den jugendlichen Wettstreit an den Fürstenhöfen, in einem Spagat zwischen exponierter Extravaganz und sozialer motivierter Angepaßtheit immer schneller zu entwickeln. Leder, Stoff, Metall, alle Gürtelvarianten waren vorhanden. Es erweiterte sich das Spektrum an Gürtellängen und -typen erheblich. In der zweiten Hälfte des Jhs tauchten gotische Architekturelemente vermehrt in der Alltagskultur auf, so auch beim Gürtelschmuck. Mglw ist dies eine Folge des Selbstverständnisses der sozialen Schichten, die zum Bau der Kathedralen im neuen Stil beitrugen.[6] Gürtelapplikationen wurden nicht mehr zwingend verwendet um dünnes Trägermaterial zu stabilisieren, sondern konnten auch nur der reinen Zier dienen. Der Adel ließ seine Stoffgürtel auch mit Perlen besticken, unterstrich damit seinen Rang. Ständig war er gezwungen den „Motor der Mode“ voranzutreiben, um seine herausragende gesellschaftliche Stellung zu wahren, eng verfolgt von Nachahmern der aufstrebenden Bürgerschicht, welche finanziell imstande war sich adelige Statussymbole anzueignen. |
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3. Gürtelrekonstruktionen zur Darstellung gehobener Schichten (A-C) für den Niederadel und Bürger mit Eintrag in die Bürgerrolle, höherem Steueraufkommen und Grundbesitz in der Stadt, die man dem Patriziat zurechnen würde (A) und Amtsleute in gehobenen Positionen, ratsfähige Fern- und Großkaufleute, Zunftmeister exklusiver Gewerke und gehobenen Dienstmannen (B) sowie deren Funktionsgehilfen (C). Alle Objekte können durch Oberflächenvergütung den hohen Darstellungen gerecht werden, Veredelung in Gold und Silber möglich, doch exquisite höfische oder hochadelige Formen werden auf dieser Seite nicht gezeigt, zu den Kategorien A-C siehe Ständegesellschaft HMA/SMA. In dieser Zeit wurden Gürtel, Pferdegeschirr und Zaumzeug stark mit Zierrat beschlagen, so dass man diesbzgl. fast von einem Höhepunkt sprechen kann. Denn das nachfolgende XV. Jh sollte auf Abbildungen wohl ein hohes Spektrum unterschiedlicher Gürtelformen, aber weitaus weniger Spenglin zeigen! Archäologisch sind sie ohne soziale Bezüge jedoch vorhanden, aber sie befanden sich einst nicht unbedingt an Gürteln. Spenglin waren in der Kategorie „A“ üblich, in „B“ möglich, in „C“ eher als schlichte Dornlochösen aus Mindermaterial. Gürtelabschluß für „A“ und „B“ gegossene Zungen und verzierte Halbmonde, für „C“ eher schlichte Formen, reine Halbmonde oder schlichte gefalzte Ortbleche. Ceintures Longues mit Medaillonbeschlägen seit der zweiten Hälfte XIV. Jh in der Männer- später auch Frauenmode (A.1/A.2) wurden mehrfach erstellt, tauchen auf diesen Seiten aber nicht auf und werden nicht mehr produziert, ein paar Einzelstücke für das XV. Jh noch vorhanden. |
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- OBERSCHICHT und obere MITTELSCHICHT
Funde in London belegen, dass man einigen Formen längere Laufzeiten zuerkennen muss. Die Schnallen sind geläufig im XIV. Jh und einfache Strichzieren auf den Blechen bis zum Ende des Jahrhunderts üblich, wo um 1400 das verzierte Ort rechts zu datieren ist. Ausführung mit Oberflächenveredelung in Gold für den Adel und das gehobene Bürgertum in Silber möglich |
- XIV-XV_041cab_me 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) und verzierter „Halbmond“-Ort 3,5 x 3 cm montiert 129,00 EUR |
-- XIV_006ad_bz 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) und kurzes Ortblech mit Pass 3 x 3 cm montiert 149,00 EUR |
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- OBERSCHICHT und obere MITTELSCHICHT Zunge Mitte XIV. Jh
Ausführung mit Oberflächenveredelung in Gold für den Adel und das gehobene Bürgertum in Silber möglich |
- XIV_145ah_me 15 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) Schnalle mit Zier „7010“ und Senkel 11 x 1,5 cm montiert 139,00 EUR |
- XIV_019ah_me 20 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) Schnalle mit Zier „7010“ und Senkel 11 x 1,5 cm montiert 149,00 EUR |
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- obere MITTELSCHICHT
Typ seit ca 1330 im Reich gebräuchlich
Zunge 2. Hälfte XIV. Jh |
- XIV_022b_me 20 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) und Senkel 8,5 x 1,7 cm montiert 99,00 EUR |
- XIV_025c_me mit Zierbeschlag 17 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) und Senkel 5,5 x 1,7 cm montiert 110,00 EUR |
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- obere MITTELSCHICHT
rechts: Spenglin „Nr. 6537“ optional (Zamak) |
- XIV_035c_me 17 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) Schnalle mit Motivbeschlag und Senkel 5,5 x 1,7 cm montiert 110,00 EUR |
- Trageweise geschlauft |
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- obere MITTELSCHICHT
Senkel „Vierpass“ um 1400
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- XIV_033e_me 17 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) Schnalle mit Motivbeschlag und Senkel 5 x 2 cm montiert 110,00 EUR |
- XIV_030e_me 17 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) Schnalle mit Motivbeschlag und Senkel 5 x 2 cm montiert Sonderpreis: 99,00 EUR |
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- obere MITTELSCHICHT und MITTELSCHICHT
Das XIV. Jh zeigt unterschiedliche Tragweisen des Gürtels, die Schlaufung ist nun häufiger nachweisbar, im Gegensatz zu vorangegangenen Zeiten.
Ausführung für das gehobene Bürgertum mit Oberflächenveredelung in Silber, für den Hausstand (Gefolge) in Messing |
- XIV-XV_010f_me Spenglin „Nr.7020“ optional |
- Trageweise geschlauft |
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- obere MITTELSCHICHT und MITTELSCHICHT
Quadratische oder eckig trapezförmige Schnallen an Frauengürteln z.B. Madonna in St. Jakob/Regensburg 1360c, Severikirche Erfurt 1365, Lauterbach 1370-80, Lorenzkapelle Rottweil 1375c, Schnallenform auch im XV. Jh geläufig rechts: verzierte Zunge um 1400
Ausführung für das gehobene Bürgertum mit Oberflächenveredelung in Silber, für den Hausstand (Gefolge) in Messing |
- XIV-XV_010f_me 20 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) und Senkel 4 x 1,5 cm montiert 99,00 EUR |
- XIV-XV_010c_me 15 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) und Senkel 8,5 x 1,7 cm montiert 99,00 EUR |
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- MITTELSCHICHT / Gefolge Chorgestühl zu Magdeburg aus den 1360ern |
XIV_004ad_bz 25 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) und Ortblech „Riefen“ bz 2 x 2,5 cm montiert 110,00 EUR- |
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- MITTELSCHICHT / Gefolge
Eckige Schnallenformen siehe oben Chorgestühl aus Magdeburg 1360er oder Altar zu Netze 1365c (Raum Waldeck), wo Heinrich IV. v Waldeck auf dem Grabmal in der St Nikolaus-Kapelle zu Netze von 1344 mit einer grossen eckigen Schnalle dargestellt wird, demnach auch in Adelskreisen üblich war |
- XIV-XV_045d_me 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) und kurzes Ortblech_me 3 x 3 cm [mit Pass] montiert 129,00 EUR |
- XIII-XIV_040d_me 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) und kurzes Ortblech_me 3 x 3 cm [mit Pass] montiert 129,00 EUR |
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- MITTELSCHICHT / Gefolge - Meist finden sich Bleche mit gerader Kante. Manchmal haben wir Metallkombinationen, wie bei dieser Schnalle aus einer Kupferlegierung mit hellem Eisen-/Stahlblech und Eisendorn, London Nr. 457, 1350-1400, alles war verzinnt. [Die Öse ist interessant und verweist auf das Einhängen eines Schleppriemens] |
- XV_101_ws und Blech gerade Kante 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) Schnalle Zinn, Beschlag und Ortblech eis_ws montiert 99,00 EUR |
- XV_102_ws und Blech Paßform 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) Schnalle Zinn, Beschlag und Ortblech eis_ws montiert 99,00 EUR |
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„Die letzten ihrer Art“ als Alternativ-Formen bis Bestand abverkauft - bei Interesse bitte melden - Zungen werden ergänzt: |
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Die immer kürzer werdende Männerkleidung der unteren Schichten, von Knie- auf Oberschenkellänge, brachte kurze meist relativ breite Gürtelformen mit sich, so tragen die Schergen der „Gethsemane-Szene“ des Magdeburger Chorgestühls von 1363 zwei bis drei Finger breite Gürtel von mittlerer Länge, die Zunge zur Seite geschlungen. Die Gürtel dargestellter Bauleute der „Konsolfiguren im Michaelschor“ der Frauenkirche zu Nürnberg von 1363 waren ein gutes Stück breiter. Auch die Knechte auf dem Berswordt-Altar der Marienkirche zu Dortmund von 1385 tragen ca 3 bis 5 cm breite Gürtel jeweils ohne Überlänge. Kriegsknechte des „Kalvarienbergs von Wittingau“ von 1380 zeigen maximal oberschenkellange zwei bis drei Finger breite Gürtel, ähnlich zu den Fresken in „St. Johann zu Taufers in Tirol“ von 1385 mit grossen runden rosetten- bzw plattenförmigen Beschlägen versehen. Gürtel, deren Zunge über den Gewandsaum ragen sind selten und finden sich z.B. bei Meister Bertrams „Grabower Altar“ urspl in der Petrikirche, heute in der Kunsthalle Hamburg, von 1379-83 mit der „Kain-Abel-Szene“. Kain ist hier im Gegensatz zu Abel militärisch kurz gewandet und sein Gürtel lugt ein Stück über die Saum hinaus. Einer der Gefolgsleute hinter dem Hauptmann auf dem Altar zu Netze von 1365 trägt gleich zwei Gürtel, neben dem Dusing, einen extrem langen beschlagenen dünnen. Das hat in dieser Zeit nur wenig Parallelen und man wird dahinter eine Aussage vermuten können, mglw eine Unschuldsgeste, ähnlich zu den Madonnen-Darstellungen? Vielleicht war der Gürtel auch eine Auszeichnung? Denn normalerweise galten sie mit so enormer Länge als Standesattribut und finden sich über den Schultern hängend auf einer Hofszene in Barcelona 1350c sowie auf den Schultern von Kg Wenzel (1378-1410) von Böhmen beim Treffen mit seinem Vater Kaiser Karl IV. (1346-78). Auf dem oben erwähnten Hamburger Retabel ist auch die „Isaak-Esau-“, bzw „Isaak-Jakob-Szene“ interessant. Esau wird des Vaters Segen verweigert, indes Jakob ihn erhält. Während der kriegerische Esau (mit Bogen) seinen Gürtel reich mit Metallbeschlägen versehen hat, findet sich im Gegensatz zur zivilen Darstellung bei dem jüngeren Jakob davon nichts. Für Marine-Liebhaber sei auch nebenbei auf die „Noah-Szene“ hingewiesen, wo Werkzeuge für den Schiffbau korrekt angewendet werden. In einer Stadt wie Hamburg wäre auch alles andere sehr unglaubwürdig. Auf Retabeln begann sich die Kreuzigungsszene weiter zu füllen. Für einfache Darstellungen rücken dabei die „Würfler“, die um den Rock Christi losen, meistens rechts im Bildvordergrund, in die engere Betrachtung. Diese Szene wurde in frühen Formen bereits Anfang des IX. Jhs im Stuttgarter Psalter thematisiert, tauchte nun auf den Retabeln in der 2. Hälfte des XIV. Jhs wieder auf und sollte ab Jahrhundertwende zum XV. Jh unverzichtbarer Bestandteil der „Kreuzigung“ werden. Auch den Schergen bei Jesus Gefangennahme im Garten Gethsemane [nur Joh. spricht von Römern, ansonsten „Trupp von Bewaffneten“] oder Wächtern am Grab Jesu sollte Beachtung geschenkt werden. Es gibt noch keine osmanischen Bezüge wie in späteren Zeiten. Frauen der städtischen Unterschichten werden in dieser Zeit relativ selten abgebildet. Erfreulich sind die Belege im „Hausbuch der Cerruti“ mit dem Tacuinum sanitatis in medicina, von dem es unterschiedliche illustrierte Handschriften gibt. Meine Reproduktion folgt einem Exemplar, welches die Mode in der Lombardei um 1400 wieder gibt. Frauen tragen hier eher lose fallende Kleidung und halten sie durch gebundene weiße Schürzen zusammen, da sie meist in Arbeitsvorgängen gezeigt werden. Ansonsten werden in den Quellen jugendlichen Frauen, ähnlich wie in der „Manesse“ mit offenen Haaren, eher schmale Gürtelformen zugewiesen, älteren Frauen breitere. Im Gegensatz dazu zeigt die bürgerliche Oberschicht, wie die Gattin des „Hl Serverus in der Severikirche“ zu Erfurt 1365 einen ca zwei cm schmalen Gürtel, wobei die Zunge bis unter das Knie reicht. Einfacher gehalten ist der Gürtel der „Elisabeth v Thüringen“ auf einer Abbildung von 1390, hier daumenbreit, D-Schnalle und simple Zunge, die max. Handspannenlänge hinter der Schnalle sitzt. Elisabeths Gürtelformen sind erwartungsgemäß schlicht, oft finden sich nur einfache Stoff-Bindevarianten. Bei den häufigen Mariendarstellungen dieser Zeit verschwindet die Gürtelzunge meist unter volumniösen Umhängen, was keine Gürtellängenangaben erlaubt. Maria konnte relativ einfach gekleidet sein („Siehe, ich bin des Herrn Magd...“ Lukas 1,38), mutierte im Laufe der Zeit aber zur „Himmelskönigin“. Grundsätzlich könnte Rindsleder in zunehmend grösseren Mengen als bisher zur Verfügung gestanden haben. Denn nach dem Tiefpunkt der Mitte des XIV. Jhs haben wir nun deutlich steigende Konsumentenzahlen. Zur Fleischversorgung der grossen Städte betrieb man von 1350 bis 1750 einen transkontinentalen Ochsenhandel. Der Beginn dieses Handels ist in der zweiten Hälfte des XIV. Jhs nachweisbar. So waren die im SMA und in der frühen Neuzeit gefundenen 3-4 mm dicken Lederfragmente (vielfach Funde aus Feuchtraumgebieten der Niederlande) vermutlich Standard.[7] |
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Konsolfiguren Dom Erfurt um 1360 |
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4b. Gürtelrekonstruktionen zur Darstellung des einfachen Volk 1350-1400c (D-E) gedacht für einfache Handwerker und Krämer (D), Knechte, Bauern, Gesellen, Gesinde, Mägde (E), im Detail siehe: Ständegesellschaft HMA/SMA. Befestigung mit unverzierten Schnallenblechen. Ist die Abschlußkante nicht gerade, konnten sich bis ca. 1400 paßförmige „Schwalbenschwänze“, danach eher geschweifte Formen zeigen. Manche Schnallentypen, wie rechteckige oder quadratische Formen hielten sich noch bis weit in das XV. Jh, ebenso halbmondförmige Gürtelabschlüsse. Sie werden in den Quellen „monden zu senkel“ genannt, sollen hier als kurz abschließender „Ort“ bezeichnet werden, im Gegensatz zum „Ortblech“ oder gegossenem längeren „Senkel“ als Zunge. |
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Schnallen, Dorne und Bleche wurden zuweilen aus unterschiedlichen Materialen zusammen gefügt, z.B. Schnallenkorpus aus Buntmetall, Dorn aus Eisen und Blech aus Buntmetall oder Eisen. |
Schnallentyp XIV.-XV. Jh |
Buntmetall- und Eisenschnallen wurden seit römischen Zeiten und im FMA oft verzinnt als Rostschutz und optische Wertsteigerung durch den stumpf silbrigen Glanz. Schnallen und Zungen aus reinem Zinn oder Zinn/Blei-Legierungen waren wohl eher selten, wurden in Zunftordnugen für Gürtel teilweise ausgeschlossen und werden in London bsplw nicht vor dem späten XIV. Jh datiert. |
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Exkurs 8: Eisenproduktion vom HMA zum SMA Eisenschnallen tauchen bei jeder Siedlungs- und Burggrabung auf. Das Schmiedehandwerk war weit verbreitet und für das SMA ist belegt, dass auch Bauern ihr Gebrauchsgut selbst fertigten, aufgrund des Erwerbs von Halbzeugen, die sie entsprechend weiter verarbeiteten. Es hatten sich im Laufe des Mittelalters grosse Eisenproduktionszentren entwickelt, wie in Südwestfalen und im Bergischen Land, im kurmainzer Raum um Siegen, in der Oberpfalz, im Thüringer Wald, in Kärnten oder in der Steiermark.[8] Wie bereits in vielen anderen mittelalterlichen Gewerken machte man sich für die Eisenerzeugung ab dem XIV. Jh die Wasserkraft zu nutze, wie sie von den Römern z.B. zum Kornmahlen eingesetzt wurde und diesbzgl seit dem X./XI. Jh auch im Mittelalter nachweisbar ist. Das war eine große Technik-Revolution ! Zunächst verstand man es Mahlsteine in kreisender Bewegung zu halten, aber mit Nocken und Bolzen wurde Getriebe mit Übersetzungen entwickelt für Stampf-, Walk- und auch Sägevorrichtungen. Für die Eisenproduktion bestimmten bislang Erzvorkommen und ausreichend Wald zur Verkohlung den Standort, nun wanderte das Hüttengewerbe in die wasserführenden Täler. Mühlräder trieben die Blasebälge an, erhöhten die Ofentemperatur und schonten die menschliche Kraft durch den Antrieb der Pochhämmer, auch Klingenschleifer profitieren davon. Grössere Öfen wurden errichtet, so dass nun sogar „Flosseisen“ gewonnen wurde durch die Erniedrigung des Schmelzpunktes und erhöhte Aufnahme von Kohlenstoff. In Rennöfen war lediglich die Schlacke flüssig geworden. Das neue Verfahren ermöglichte die starke Aufkohlung, Verstählung und lieferte härtere Eisenprodukte. Stahl kannte man bereits schon lange, wurde aber bislang nur für hochwertige Objekte in der Waffentechnik verwendet und galt lange Zeit als zehnmal teurer wie Eisen [Klingen Mus. SG]. Zum SMA lagen die Maxwerte des Karbonanteils hochwertiger Stahlprodukte bei 0,4-0,8 %. Dafür war es notwendig Schmiedetemperaturen auf über 1400°C zu halten. Eine normale Schwertklinge wurde beim Ausschmieden auf fast 1000°C, im Vorgang des Verschweissen auf max 1150°C erhitzt. Wichtig dabei waren vor allem die Nachglüh- und Aushärtvorgänge mit unterschiedlichen Temperaturen, was hohe Erfahrungswerte bedurfte.[9] Stahl war widerstandsfähig, so dass z.B. Rüstungsteile dünner und gewichtsmässig leichter produziert werden konnten oder Klingen zum Hieb und Stoß gleichermassen taugten. Ein neuer Schub in der Waffentechnik... Aus dem Sauerland ging Lüdenscheider Osemund (Barrenstäbe) 1320 nach Soest. Vor dort aus wurde es bis nach England verhandelt. Auch Dortmund war ein Umschlagplatz auf dem Hellweg. Das Bergische Land lieferte nach Köln, das mit optimalen Verkehrsanbindungen die Niederen Lande und England bediente. Hier fanden Handelsmessen statt, auf denen über Jahrhunderte die berühmten „Kölner Klingen“ angeboten wurden. |
Nicht selten wurden metallene Lochverstärkungen (Dornösen) aus Zinn oder Eisen gesetzt, wie auf diesem Bild gezeigt. Vor allem im Spätmittelalter finden sich solche Verstärkungen recht häufig. Auf Anfrage können sie bei den Gürtelvarianten gesetzt werden. |
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Im wirtschaftlich prosperierenden London, das seit dem XIII. Jh von seiner Position als ortsfestem Königssitz profitierte, mit Privilegien für Handel und Handwerk, fanden sich eine Reihe Eisenschnallen in D- oder in rechteckigen Formen, das Gros zwischen 20 und 40 mm Breite. Oft war deren Oberfläche verzinnt. Als Zungen gab es einfache umgefalzte Eisenbleche, ebenso mit leicht silbrigen Glanz, wobei die Riemenbreiten hier zwischen 6 und 30 mm variierten. Diese Riemen wurden also nicht nur für Gürtel, sondern für alle möglichen Rüst- und Ausrüstungsteile, Sporenriemen und für das Schuhwerk genutzt, mit kleinen Zinn/Blei-Schnallen kombiniert [Egan/Pritchard 1998, S. 124-126]. Grössere Schnallen und Zungen waren aus Eisen, wenn Gurte strapazierfähig sein mussten. In der bürgerlichen Sphäre Londons lassen sich die Zinn/Blei-Legierungen, vermutlich aufgrund problemloser Einschmelzbarkeit, weniger nachweisen, Kupferlegierungen dominierten, manchmal verzinnt (tin coated). |
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- untere MITTELSCHICHT
Die kerbstrichverzierte Zunge London Nr. 591 wird zw. 1270-1350 datiert und weist eine gerade Kante auf. Geschweiften Paßformen bei Schnallenblechen und Zungen finden sich hptsl. im XIV. und vereinzelt noch im XV. Jh |
- XIV-XV_25 rundstabig_ws 25 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) Schnallen, Beschlag und Ortblech eis_ws montiert 110,00 EUR |
- XIV-XV_30 rundstabig_ws 30 mm Riemen und Ortblech Eisen verzinnt montiert 119,00 EUR [rustikaler Weißmetallüberzug im althergebrachten Schmelztauchverfahren mit flüssigem Zinn] |
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- untere MITTELSCHICHT
Nicht nur bei Rüst- und Sporenriemen wurden Ortbleche und zur Befestigung der Schnallen unverzierte Bleche gesetzt, London Nr. 595, 1350-1400. [Weißmetallüberzug auf den Eisen-Objekten] |
- XIV-XV_20 rundstabig_ws 20 mm Riemen (natur/dunkelbraun/schwarz) Schnallen, Beschlag und Ortblech eis_ws montiert 99,00 EUR |
- XV_103_ws 20 mm Riemen (natur/dunkelbraun/rot/schwarz) Schnalle Zinn, Beschlag und Ortblech eis_ws - {ersetzen} - |
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- schlichte Formen
einfache D-förmige Schnallen aus Eisen oder Eisen verzinnt der einfachen Bevölkerung gegen 1400 meist mit angenähten Schnallen und nicht zwingend mit Blechen befestigt. Weitere geschwärzte flach geschmiedete Eisenschnallen auf der Seite XIII-XIV. Jh |
- Eis_20 flachstabig 20 mm Riemen ohne Ortblech/Zunge Schnalle angenäht 39,00 EUR
[= Eine Verzinnung scheint in allen Fällen (z)innvoll =] |
Eis_30 flachstabig 30 mm Riemen ohne Ortblech/Zunge Schnalle angenäht 49,00 EUR Eis_30 flachstabig mit Schnallenblech 30 mm Riemen (natur/dunkelbraun) ohne Ortblech/Zunge Schnalle angenietet 75,00 EUR |
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5. Beutel- und Taschenhalter XIII.-XV. Jh Sie dienten dazu das teschelin oder frz bourse, den textilen Almosenbeutel am Gürtel zu befestigen. Frühen Abbildungen nach sind sie nur dem Adel zuzuordnen. Das Verteilen von Almosen war keine Nächstenliebe, sondern resultierte aus der Furcht vor dem Fegefeuer und diente der Rettung der eigenen Seele, neben finanziellen Leistungen in sozialen Belangen zählten dazu auch Sach- und Güterstiftungen oder Stiftungen für Messen und Gebete, damit der wohlhabende Stifter in der memoria in Erinnerung blieb. Bei Stadtgrabungen, in hochbürgerlicher Sphäre, tauchen Halter erst in Horizonten seit dem XIV. Jh auf. Sie wurden auch dazu verwendet Toilettengerät, Nadelbüchsen, Schlüssel, Rosenkränze, Amulette und „Bisamäpfel“ zu befestigen, man hat auch Ledertaschen mit zwei kurzen Kettenstücken an paarweise getragenen Ring-Halterungen angebracht. Die Aufhängungen „kl. Blüte“ / „Kreuzzier“ / „schlicht“ / im SMA auch „Beere“ sind für Riemenbreiten zwischen 10 bis 25 mm gedacht. Die Preise ergeben sich aus dem Umstand, dass jeweils für Halter und Aufhängungen Formen erstellt werden müssen. |
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Alle Hänger können in der Regel in drei unterschiedlichen Materialvarianten angefertigt werden, Größen teilweise bei den Detailbildern. |
- M08_me oder bz stabile Aufhängung Typ Strecker „2520“ 49,00 EUR me oder bz [Beschläge zum Fund aus Salzburg Mitte XIII. Jh]- |
- M08_vs stabile Aufhängung Typ Strecker „2520“ 59,00 EUR vs [Beschläge zum Fund aus Salzburg Mitte XIII. Jh]- |
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- W01_zi Aufhängung Riemenbreite ab 20 mm 10,00 EUR [frühe romanische Varianten waren ringförmig, s.u. oder steigbügelartig] |
- M06_me, bz oder vs stabile Aufhängung Typ Strecker „2610“ 45,00 EUR me oder bz / 55,00 EUR vs [ähnlich zum Halter im Grab des kastilischen Infanten, gest. 1275, Strecker ähnlich zu denen der Madonna in Mainz 1250c] |
- M05_me oder vs Aufhängung „Kreuzzier“ 29,00 EUR me / 39,00 EUR vs |
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-- W05_me, bz oder vs Aufhängung verblendet „7092“ optional 25,00 me oder bz / 35,00 vs |
- M04_me, bz oder vs Aufhängung „Kreuzzier“ 29,00 EUR me oder bz / 39,00 EUR vs |
- M07_vs Aufhängung „schlicht“ 39,00 EUR vs |
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- - W06_me, bz oder vs Aufhängung „kl. Büte“ 15,00 me / 20,00 bz / 25,00 vs [Ringe häufig bei antik-röm Ausrüstung und im FMA, Belege für das XIII. Jh bsplw an Skulptur im Diöz.-Mus Parma]. |
- W06_me oder vs [Detailbild] 2 cm Ringdurchmesser mit Aufhängung „schlicht“ je 10,00 EUR me / 20,00 EUR vs [Bei archäolog. Stadtgrabungen Ringe in Schichten des XIV.-XV. Jh, manchmal paarig mit kurzen Kettenstücken für Taschen] |
- W02_me, bz oder vs Aufhängung „Kreuzzier“ 25,00 EUR me oder bz / 35,00 EUR vs [Datierung ins XIII. Jh nach zeitgleichen Schlüsselformen] |
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- W05_me, bz oder vs Aufhängung „Beere“ SMA 25,00 me oder bz / 35,00 vs |
- W03 [rechts W05] me, bz oder vs Aufhängung „schlicht“ oder „Blüte“ 20,00 EUR me / 25,00 EUR bz / 29,00 EUR vs |
- W09_me oder vs 20,00 EUR me / 29,00 EUR vs = hier wurde eine röm Form des IV. Jhs wieder aufgenommen, was im Mittelalter üblich war = |
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Für das XI. bis XIII. Jh sind für heutige Betrachter nur schwierig zu erfassen. In der Regel werden sie im zivilen Bereich nicht abgebildet und ähnlich wie Unterwäsche behandelt. Das einfache Volk mochte Unterwäsche zeigen, für Höhergestellte galt es als unschicklich. Knieriemen mögen getragen worden sein, wie es bereits seit Jahrhunderten üblich war, als Derivat aufwändiger Wadengarnituren vor allem bei den Frauen in der Merowingerzeit des VII. Jhs, aber auch bei Männern zu karolingischen Zeiten. In beiden Fällen sind sie gut zu belegen. Durch die kürzeren Tuniken nach „fränkischer Tracht“ waren Knieriemen sichtbar, in nachfolgenden Jahrhunderten wurden sie von der längeren Kleidung der gehobenen Schichten verdeckt. Erst mit dem kurzen Gewand im XIV. Jh sind sie mit den Beinkleidern wieder sichtbar zur Schau gestellt worden. Sie bekamen besondere Bedeutung 1348 mit der Gründung des „Hosenbandordens“ (Order of the Garter) durch Edward III. [neben König und Königin 24 hochadelige Mitglieder aus England, im Ausland unbegrenzt]. Das Band war aus Seide und keineswegs aus „blauem Leder“, wie in einer TV-Dokumentation behauptet wird. Die Anregung dieser Auszeichnung lag ja in einem weiblichen adeligen Strumpfband (deshalb kein Leder), das die Geliebte des Königs Countess of Salisbury verlor, der König aufhob und sich selbst ans Bein band, mit dem Motto: „Ein Schelm, wer...“. Für das XV. Jh mehren sich die Belege der Knierriemen an Strümpfen und Beinlingen, siehe „Monat Februar“ in den Tres Riches Heures von 1412-16 (Mann und Frau), „Monat Oktober“ im Stundenbuch des Berry vor 1416, das Martyrium der Hl Margareta von 1445c im Domschatz zu Eichstaett, Bote des süddt Hofämterspiels von 1450c, Hirte bei der Anbetung Baegerts Münster 1480c, Bettler in der Oswaldlegende 1485v im Belvedere Wien oder auf dem Rochus-Sebastian-Altar von 1499 in der Lorenzkirche zu Nürnberg. Erstaunlicherweise zeigen Abbildungen der ital. Hochrenaissance bei eng sitzenden bunten mi-parti „Strumpfhosen“ Stoffschleifen und feine Knieriemen, siehe Antichrist von L. Signorelli von 1504c in Orvieto oder Tizians Wunder des sprechenden Säuglings von 1511 in Padua. Hinzu kommen heruntergerollte Beinlinge unterer Volksschichten auf spätmittelalterlichen Abbildungen, die ohne Knieriemen kaum halten würden. Eine seltene Abbildung liegt aus dem De Civitate dei, Schulpforta 1180c vor, in welcher ein Bauer seine lange Bruche, in diesem Fall ohne Beinlinge, deutlich sichtbar unter dem Knie zusammengebunden trägt [NauM, I, S. 681]. Aus dem militärischen Bereich gibt es im Zusammenhang mit Rüstzeug und Kettenbeinlingen für das XII.-XIII. Jh zahlreiche Belege, wie aus den Psalterfragmenten Abraham u Melchisedech BerlinAO und LondonAO, Abbildung mit Rüstzeug vom Klosterneuburger Altar des Nikolaus von Verdun 1181, aus der Biblia Sacra_151v vor 1175 oder Goliath-Darstellung vor 1230 aus dem Bamberger Psalter_63r, dort tragen zwei Gerüstete weisse Schwertgurte und braune Knieriemen. In der Kirche von Tickenham/Somerset trägt eine Skulptur schmale geschnallte Knieriemen und auch zum „Torso eines Ritters“ vom Ende des XIII. Jhs [Skulpturenkatalog Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, S. 23] wird erwähnt, dass am rechten Bein über dem Kettenbeinling in Kniehöhe ein umlaufend erhabenes ringförmiges Band erkennbar war.[10] |
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Knie
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- Knieriemen Stoff_03_me oder bz an 15 mm Kunden-Borte Schnallen Typ XIII./XIV. Jh m Blech und umgefalzten Ortblechen paar 99,00 EUR me / 110,00 EUR bz [Metall, ohne Borte] |
- Knieriemen_011_me oder bz 15 mm Riemen (rot/weiss/schwarz) Schnallen Typ XIII./XIV. Jh mit Motivbeschlag und gegossenen Zierzungen paar 120,00 EUR me / 130,00 EUR bz [Veredelung in Silber/Gold mgl] |
- Knieriemen_006_bz oder vs 15 mm Riemen (rot/weiss/schwarz) Schnallen Typ XIII./XIV. Jh angenäht paar 39,00 EUR bz / 49,00 EUR vs [Bleche und Zungen mgl] |
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Knie
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- Knieriemen_003_me 15 mm Riemen (natur/braun/rot/schwarz) Schnallen Typ XIII./XIV. Jh mit Blechen und kleine Zungen paar 99,00 EUR |
- Knieriemen_009_bz 15 mm Riemen (natur/braun/schwarz/rot) Schnallen Typ XII./XIII. Jh angenäht paar 39,00 EUR / 49,00 EUR vs [Zungen mgl] |
- Knieriemen_012_me 15 mm Riemen (natur/braun/rot/schwarz) Schnallen Typ XV. Jh mit Blechen und gegossenen Zierzungen [neuer Typ vorhanden] paar 110,00 EUR |
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Knie
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- Knieriemen_004_me 15 mm Riemen (natur/braun) Schnallen Typ XIII./XIV. Jh angenäht paar 39,00 EUR |
- Knieriemen_005_me 15 mm Riemen (natur/braun) Schnallen Typ XIII./XIV. Jh angenäht paar 39,00 EUR [Bleche und Zungen mgl] |
- Knieriemen_008_me 15 mm Riemen (natur/braun/rot/schwarz) Schnallen Typ XIV./XV. Jh angenäht paar 39,00 EUR [Bleche und Zungen mgl] |
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Knie
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Es ist zu beachten, dass der Arbeitseinsatz bei Knierriemen etwas aufwändiger ist, da ja gleich zwei kleine „Gürtel“ erstellt werden müssen |
- Knieriemen_010_eis 15 mm Riemen (natur/braun) D-förmige Eisenschnallen angenäht paar 39,00 EUR Bleche und Zungen mgl |
- Knieriemen_007_me 15 mm Riemen (natur/braun) Schnallen Typ XIV./XV. Jh angenäht paar 39,00 EUR |
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Verwendete Literatur mit Angabe der oben verwendeten Kürzel [fett] siehe „Literatur HMA-SMA“ |
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I.-VIII. / IX.-XI. / XI.-XIII. / XIII.-XIV. / XIV. / XV. / XV.-XVI. Jh |
Anmerkungen und Quellenverweise:
1/ Byzanz, inzwischen von den Osmanen in äusserst bedohliche Lage gebracht, hatte bereits 1366 dringend um europ. Hilfe ersucht. Dabei war es auf dem Staatstreffen des ungarischen Königs Ludwig I. (Anjou) mit dem oström Kaiser Johannes V. Palaiologos zu einem Zwischenfall gekommen. Der König von Ungarn stieg „freundschaftlich“ vor dem Byzantiner vom Pferd und entblößte sein Haupt. Johannes hingegen nahm die Huldigung ungerührt entgegen, blieb auf seinem Pferd sitzen und verletzte damit die Würde Ludwigs durch das byzantinische Hofzeremoniell. Der Nachfolger antiker Imperatoren nahm für sich in Anspruch mehr als alle Herrscher des Westens zu gelten. Damit erhielt Byzanz zunächst keine Hilfe und wurde durch osmanische Vorstöße auf dem Balkan eingekreist. Wieviel Gewicht solchen Dingen noch heute beigemessen wird, sieht man an dem Affront, dass Frau Ursula vd Leyen als Präsidentin der EU-Kommission auf dem Staatsbesuch 2021 in Istanbul vom dem türk. Präsidenten keinen Stuhl offeriert bekam, sondern auf einem Sofa, eine Art „Bittstellerbank“, Platz zu nehmen hatte.
2/ Juden, die vorher aus England und Frkrch vertrieben worden waren und sich in Dtld eine neue Heimstatt erhofften, begannen nach nur zwei Generationen in großer Zahl nach Polen und Litauen auszuwandern, da der versprochene Schutz durch die Obrigkeit nicht ausreichend gewährt wurde. So unterstützte Karl IV. bsplw die Nürnberger Bürgerschaft gegen die innerstädtischen Juden, die eigentlich unter seinem Schutz standen. Das Ergebnis war ein geräumtes Stadtviertel zur Errichtung des neuen Marktplatzes und der Frauenkirche. In Würzburg ergab sich eine ähnliche Situation. In vielen Fällen sorgte die Abwanderung für eine Schwächung der regionalen Wirtschaft, den Abzug von Kapital und einen Verlust an kulturellen, kaufmännischen und handwerklichen Fähigkeiten, die einst zum Aufstieg der Städte beigetragen hatten.
3/ 1363 verfügte Kg Eduard III. von England (reg 1327-77), dass Handwerker und Gesellen, nebst ihren Frauen, keine Gürtel aus Silber tragen durften. Einfachen Rittern wurden Ringe oder Broschen aus Gold mit Edelsteinen verboten. Adeligen mit Landbesitz oder Einkommen über 200 Mark Silber im Jahr und Kaufleuten mit Besitz über 50 Pfund Sterling war silberner Schmuck gestattet [Haedeke, Schmuck, 2000, S. 128]. In Erfurt wurden 1364 Junker wegen ihrer kurzen Kleider und Schnabelschuhen zu Geldstrafen herangezogen. In der Züricher Kleiderordnung von 1357 durfte der Wert eines Frauengürtels fünf Pfund Pfennige (also 5 x 240 Pfennige, eine stattliche Summe!) nicht überschreiten, auch Gewänder mit aufgenähtem Gold, Silber und Edelsteinen waren verboten. Den Männern wurde die Länge der Kapuze festgelegt und das Tragen von gestreiften Beinlingen und die Zaddeltracht untersagt. Auch angesehene Mitglieder des Patriziats waren in Nürnberg Ende des XIV. Jhs nicht von Strafen ausgenommen, wegen zu schwerer Gürtel oder zu schwerer silberner Ketten, allzu kostbare Schleier ihrer Frauen, zu weiter Ärmel, wegen eines seidenen Wamses oder eingenähtem seidenen Futter. In Göttingen wurden 1354 allen Frauen, die mehr Geschmeide trugen als erlaubt war, die silberne Gürtel oder pelzgefütterte Mäntel ihr Eigentum nannten, eine finanzielle Beteiligung der städtischen Pferdehaltung auferlegt [Kühnel 1996, S. 46-48]. Bei Zuwiderhandlung konnte man auch, regional unterschiedlich, zu „Mauerdiensten“ (Erhaltung der finanziell aufwändigen Stadtmauer) veranschlagt werden. Aufgrund von Abbildungen der Buchmalerei gewinnt man den Eindruck, dass der Adel bei Festivitäten unter sich im Wettbewerb der Eitelkeiten dem Luxus mit Gewand und Geschmeide frönte, um Abgrenzungen zum Bürger klar heraus zu stellen.
4/ zitiert nach Keupp [MiMA, S. 77] aus der Limburger Chronik des Tileman Elhen von Wolfhagen 1389. Darin weiter [Parler III, S. 138]: „Auch führten Ritter, Knechte und Burger lange Schecken und Scheckenröcke geschlitzet hinten und neben, mit großen weiten Armen, und die Prischen an den Armen hatte eine halbe Elle und mehr. Das hing den Leuten über die Hände. Wann man wollte schlug man sie auf...fürder trugen die Manne Arme an Wamsen, an Schopen und an anderer Kleidung, die hatten Stauchen beinah bis auf die Erden, und wer die allerlängsten trug, der war ein Mann. Die Frauen trugen behemsche Kogeln, die gingan da in diesen Landen. Die Kogeln stürzete ein Fraue über ihr Haupt, und stunden ihn vorn auf zu Berge über dem Haupte, als man die Heiligen malet mit Diademanten (Heiligenscheine).“
5/ Mitte des XV. Jhs packte der wandernde Franziskanerprediger Johannes Capistranus in zahlreichen Städten des Reiches die Bürger bei ihrem Gewissen, so dass tausende von Kleidungsstücke oder Spielbretter und Würfel öffentlich den Flammen übergeben wurden. Nach dem Durchzug des Wanderpredigers wurde in Leipzig 1463 eine Kleiderordnung erlassen, die ausdrücklich Bezug auf die Predigten nahm. In Köln hatte das Provinzialkonzil von 1360 den Knopf als Grundursache für die viel zu engen und figurbetonten Kleidungsstücke verurteilt. Geistlichen und Nonnen wurde das Knöpfen verboten [Parler III, S. 137]. Der Bürger reagierte und versuchte Kleiderordnungen zu umgehen. In Florenz wurde eine Frau auf der Straße von einem Notar angehalten, da sie eine Menge Knöpfe an ihrem Gewand trug, die wohl unzulässig waren. Sie antwortete, es seien keine Knöpfe, sondern copelle (Ziernieten) und sie zeigte die fehlenden Ösen und nicht vorhandenen Knopflöcher [MiMA, S. 45]. Auch der in unseren Augen als fortschrittlich geltende Johannes Hus von der Universität in Prag wetterte gegen die Modetorheiten seiner Zeit und verglich die Modenarren mit dem gehörnten Tier der Apokalypse. Der für uns nicht weniger fortschrittlich angesehene Franziskaner Konrad von Megenberg mutmasste, dass es der Kleiderfrevel sei, der u.a. zum Ausbruch der verheerenden Pest beigetragen habe. Mit der moralischen Geißel schnell bei der Hand ging man davon aus, die textilen Anmaßungen errege den Unwillen Gottes. Eine frz Ständeversammlung 1356 in Toulouse machte sich nach der Niederlage gegen die Engländer und Gefangennahme des frz Königs ernsthaft Gedanken über ihr sündhaftes Treiben, bestraft durch den züchtenden Gegner und war bemüht die sittlich-moralische Ordnung in Frankreich wieder herzustellen. So legt Keupp überhaupt mehr Gewicht auf den ethisch-moralischen Wert einer Kleiderordnung und weniger auf den politischen, der die bestehende Gesellschaftsordnung zementiere. Er argumentiert, dass die Kirche als Sittenwächter die Allgemeinheit mahne und vor dem Strafgericht Gottes schütze, auch bewahre sie davor einzelne aus Putzsucht in den Ruin zu treiben [MiMA, S. 52f]. Wohl hat die Kirche im Sinne des Bestehenden gewirkt, denn sie selbst war Teilhaber der Macht und setzte geschickt den psychologischen Hebel an. Zumal kein Gesetz ohne moralisch ethische Normierung wirkt, die jeden einzelnen in seinem Gewissen anspricht. Strafandrohung bei Übertretung ist wohl gerade mal die untere Schwelle der Wirkweise. Damit ist für jede Gesellschaftsform von übergeordneter Bedeutung einen sittlichen Verhaltenscodex anhand von Tugenden zu vermitteln, wie es die griech Philosophen vorexerzierten, siehe Sokrates Forderungen nach Gerechtigkeit, Besonnenheit, Mäßigung, Tapferkeit, Vernunft, Edelmut und Wahrheit für den „idealen Menschen“.
6/ Die sakralen gotischen Bauprojekte waren vielfach auf die Schenkungen und Stiftungen der Gläubigen aus allen Schichten angewiesen. Wer nicht bar zahlte oder Teile der Kirchenausstattung stiftete, half mit Zug- und Spanndiensten. Als Ausdruck der Volksfrömmigkeit war die gesamte Bevölkerung an diesen Bauten beteiligt. Da die Kirchen jeweils bestimmten Heiligen geweiht waren, wurden die Stiftungen explizit diesen Patronen zugedacht als Fürsprecher und Mittler bei Gott. Es war eine Art Vertrag mit dem Übernatürlichen. Hinter dieser Zwanghaftigkeit wirkten auch Repräsentationsgehabe und die schiere Angst, denn es ging um die Erlangung des Seelenheils, dem Entkommen der ewigen Verdammnis oder des Fegefeuers, in moderner Betrachtung eine Art „kollektiver Psychoterror“.
7/ Aus dem XVI. Jh liegen konkrete Zahlen vor als jährlich bis zu 200.000 Ochsen Schlachtvieh aus den Fürstentümern Moldau und Walachei und der ungar. Tiefebene zur Hälfte in die großen oberital. Städte, die andere Hälfte entlang der Donau nach Wien (Sammelpunkt der grossen Trecks mit bis zu 1000 Tieren), St. Pölten, Amstetten, Enns nach Regensburg und über Nürnberg bis nach Frankfurt, Mainz und Bingen, gelegentlich bis nach Köln und Aachen, getrieben wurden. Beim Mainübergang hat sich bei heute der Name „Ochsenfurt“ erhalten. Auch die südbayerischen Städte waren am Ochsenimport beteiligt. Im Raum Dachau wird heute noch ein Teil des Ochsenwegs als „Dachauer Oxenweg“ touristisch genutzt (1560 orderten Augsburger Metzger 2700 Stück, 1578 bestellten ihre Wiener Kollegen 6000 Stück Vieh, 1600 kamen 100.000 Ochsen nach Dtld). Aber dieser Import reichte nicht aus, so dass aus Jütland und von den dänischen Inseln pro Jahr 100.000 Ochsen zum Niederrhein und in die Niederlande getrieben wurden. Auch Polen und die Eidgenossen führten Ochsen aus, siehe Kühnel, Alltag im SMA, S. 77 und Liebhardt, Zum Internationalen Ochsenhandel. Interessanterweise beschritt man noch im Juni 1932 ähnliche Wege, indem ein Kompensationsgeschäft zwischen Dänemark u Dtld abgeschlossen wurde: Dänisches Vieh gegen Landmaschinen von Krupp, da Dtld aus Devisennot nur im beschränkten Maß Güter im Ausland erwerben konnte. In der Folgezeit wurden rd 25 solcher bilateralen Verträge geschlossen, Tauschgeschäfte wie im Mittelalter, zum Ärger des Bankwesens, das keine Gewinne aus möglichen Zwischenfinanzierungen mehr abschöpfen konnte.
8/ 1387 waren in der Oberpfalz 97 Eisenhüttenwerke nachzuweisen mit einer Produktion von über 5000 to im Jahr im späten XV. Jh, ebenso in der Steiermark. Im Thüringer Wald sind Bergbau, Eisenerzschürfung und -Verhüttung sicher seit dem XII. Jh nachweisbar, Waffen- und Harnischproduktion konzentrierte sich bis ins XIX. Jh in Suhl, erkennbar an der Hennebergischen Schlagmarke. In Kärnten lag das Zentrum rund um Hüttenberg. Das Siegerland wies an der Wende zum XVI. Jh 43 Werke auf mit einer Jahresproduktion von über 1000 to. Der Holzbedarf war enorm. In der Regel wurde für jedes Maß rohem Eisenstein die vierfache Menge Holzkohle benötigt. Da aber erst drei Lagen Holz eine Einheit Holzkohle ergaben war das Verhältnis Eisen zu Holz 1 : 12. Steinkohle war zwar bekannt, aber in den obertägigen Flözen nur von geringer Qualität und der untertägige Abbau war lange Zeit mit zu hohen Kosten verbunden. Im Aachener Revier an Inde und Wurm wird in den Annalen des Klosters Roda bereits für das Jahr 1113 der Abbau von Steinkohle bezeugt. Abbauort war der Beckenberg bei Rode [heute Herzogenrath]. An der Emscher ist die Steinkohlegewinnung bereits seit 1302 nachweisbar, doch erst im XVI. Jh kam der Steinkohlebergbau im Reich überall in die Gänge. Bauern waren oft die ersten, die als Nutzungsberechtigte den Abbau betrieben [Haedeke, BuM, S. 31ff.].
9/ A. Williams, The Metallurgy of Medieval Arms and Armour, in: D. Nicolle, A Companion to Medieval Arms and Armour. Woodbridge 2002, S. 45-54 und Loades, The Longbow, S. 12 und Haedeke, BERG und MARK, S. 23ff. Bereits 1311 ist für das Siegerland das erste wasserbetriebene Hüttenwerk nachweisbar, an der Nette bei Altena 1395. Die Eisenproduktionsstätten lagen in den wald- und wasserreichen Gegenden am Rande der damaligen Zivilisation. Die Halbzeuge wurden an die Handels- und Handwerkszentren, wie Köln, Dortmund oder Soest in Westfalen geliefert oder in Süddtld. z.B. aus der Oberpfalz nach Regensburg. Dort wurden daraus fertige Produkte erstellt und weiter exportiert. Für die Waffentechnik waren diese Produktionsstätten existenziell. Von Köln aus, der Stadt mit den berühmten „kölnischen Schwertern“ des XI./XII. Jhs, entstand in der Folgezeit ein vollständiger Produktionszweig in der „Einöde“, abseits der grossen Verkehrswege, wie das Schwerthandwerk in Solingen, das in Urkunden aus Flandern 1252 besonders erwähnt wurde. In Altena, Iserlohn und Schwerte wurde Eisendraht gezogen und die Eisenringe für Kettenhemden gefertigt, die bis in den Ostseeraum ausgeführt wurden. In Cronenberg, Remscheid, Lüttringhausen fertigte man einfache Gebrauchsklingen, Sicheln und Sensen, in Breckerfeld Messer, Dolche und Sporen.
10/ Detailabb. zur Statue aus Somerset in: Die Ritter des Johanniterordens (Siegler Verlag), S. 32 und die Erwähnung im Skulpturenkatalog d. Suermondt-Ludwig-Mus. Bildwerke d. Köln-Lütticher Raumes 1180-1430, S. 23.