I.-V. / VI.-VIII. / IX.-XI. / XI.-XIII. / XIII.-XIV. / XIV. / XV. / XV.-XVI. Jh "ab nach Hause"

DRAGAL

Rheinfront im Winter 406/07 – Verbände der Sueben, Vandalen und Alanen überwanden den Strom im Raum Mainz und drangen plündernd nach Gallien vor. Nach dem Mauerbau Mitte des III. Jhs galt die befestigte Stadt, die Kommandozentrale für den Mittelrhein, als Bollwerk der röm Grenzverteidigung, sicherte die Brücke und besaß einen Militärhafen. Kurz zuvor hatten nach massiven Einfällen von Alarichs Goten und weiteren Germanen, welche über das Noricum (östliche Alpen) nach Norditalien vorgestoßen waren, viele röm Einheiten aus den Provinzen abgezogen werden müssen, die Verteidigung dieser Räume nachhaltig schwächend, was östlich des Rheins registriert wurde. Diese Ereignisse waren für ROM einschneidend, denn seitdem sollten sich in Gallien, Spanien sowie später in Nordafrika und Britannien dauerhaft barbarische Herrschaftsbereiche auf weström Territorium bilden[1]

Römische Kaiserzeit (RKZ) I.-V. Jh-

I. Jh - Römische Expansionsphase

II. Jh – Neue Strategien

III. Jh – Das Reich in der Krise

Info: Aufbau schwerer röm Kavallerie

IV. Jh – Starke Gegner an allen Fronten

V. Jh – Das Ringen um Bestand

Info: Gürtelformen aus der Bronzezeit und Antike

Gürtelrekonstruktionen IV.-V. Jh

Info: Kerbschnitt und Tierstil I

Kommende Jahrhunderte – Ausblick


Zur Einführung eine Zeitenwanderung: ...Dichtes Schneetreiben lag über dem Land, fest in den Krallen des Winters. Tief eingesunken der gefrorene Boden, dunkel die Stille, gering die Sicht. Niemand würde sich bei diesem Wetter freiwillig nach draussen wagen...

Chronologisch werden Grundlagen skizziert, die sich germanische Herrscher auf dem Boden des ehem. Weströmischen Reiches aneigneten, was für das Mittelalter prägend sein sollte. Die Forschung spricht durch die pragmatische Übernahme von spätröm Elementen und um das Wort „Germanen“ zu meiden von „romano-barbarischen Königreichen. ROM war Urgrund der Dinge und lieferte die Saat zu einer Epoche, die wir als „Mittelalter“ bezeichnen, auch wenn diese Saat erst mit den Karolingern aufging, denn mit ihnen wurden viele Standards gesetzt. Das lässt sich keineswegs nur an Schriftquellen und großen politischen Zusammenhänge festmachen, sondern - für unsere Betrachtungen wichtiger - auch an archäologischen Funden zur Sachkultur, zivilen und militärischen Ausrüstung.

Nicht bloß das erneuerte westliche Kaisertum seit 800, sondern der gesamte Überbau des späteren Reichsgedankens eines „imperium sacrumwar undenkbar ohne seine römischen Wurzeln. In ROM lagen die politischen, wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und militärischen Fundamente der neuen Herrscher. Die erste Generation, wie Childerich, Chlodwig oder Theoderich wuchs im röm System auf oder war damit vertraut. Gleich ihnen saugten alle Nachfolger zweckmäßig das Althergebrachte der antiken Welt ein, bedurften der administrativen Kraft des Bestehenden als Grundlage neuer Gesellschaftsformen, verführt und geblendet, ohne zu erkennen, wie sehr diese Leitbilder in ihren Formen erstarrt, kaum überlebensfähig, aus der Not heraus geboren oder veraltet waren.[2] Es wurde keineswegs ein Erfolgsmodell vererbt, sondern es war die dürftige Fortführung einer Kultur, die sich eigentlich selbst überlebt hatte, aus enormen Zwängen heraus agierte, von Kopisten, welche von der Fülle der antiken Welt beeindruckt waren, sich mit ihr identifizierten, ihre eigene Herrschaftslegitimation davon ableiteten, so dass sie immer wieder darauf zurückgriffen und mit ihren Mitteln zu erhalten suchten. Man bemühte sich um Kontinuität, auch in Alltagsgegenständen lugte Römisches hervor als Ergebnis der Kopiervorgänge. Im SMA rückte immer deutlicher ins Bewußtsein sich in neuen Gefilden zu befinden, als nach gesellschaftlichen Zäsuren Stimmen in Italien lauter wurden, welche die verlorene Pracht - in Relikten ständig vor Augen - herbei sehnten, der „barbarischen Macht überdrüssig“. Man formulierte die Wiederbelebung der Antike oder sah sich wie die venezianische Adelsrepublik als das „Neue Rom“ an. Erstmalig wurde ein „mittleres Alterals „trennendes Dazwischen“ formuliert und eher abfällig qualifizierend empfunden. Bis dahin allerdings erfolgten zahlreiche Wiederbelebungen von Althergebrachtem, siehe dazu auf der erste Seite: Übergang Spätantike ins FMA.

Die Vorgänge in dieser brisanten Übergangszeit werden von der modernen Forschung mit dem „sicheren Abstand“ von Jahrhunderten als „Transformationsprozesse“ bezeichnet. Es scheint zutreffend...aber wie fühlte man sich vor 1500 Jahren...? Germanen, welche seit dem V. Jh in Kleinkönigreichen die Herrschaft in Westeuropa übernahmen, sorgten für eine Umverteilung von Grund und Boden, blieben aber gegenüber der ortsansässigen romanischen Bevölkerung in der Minderzahl, stellten also lediglich die neue Herrenschicht, unweigerlich einer Romanisierung ausgesetzt. Sie wurde aber auch bewusst herbei geführt, wie der burgund. Herrscher Chilperich I. Anfang des VI. Jhs röm Tradition und Ordnung unter seiner Herrschaft im Streitgespräch gegenüber dem Abt von Condat pries, welche der Kirchenmann aber als nicht rechtmässig, dem Untergang geweiht, verurteilte. Vor allem zu karolingischen Zeiten mit Belebung des „westlichen Kaisertums“ zeigte sich, wie sehr man um Legitimität aus der röm Vergangenheit heraus bemüht war und gleichzeitig nach eigener auf germanischen Wurzeln beruhender Identität suchte. Herrscher erhielten ihre Legitimation durch Rückbesinnung und Anknüpfung an bereits Bestehendem. Nicht selten suchten sie ihre familiären Ursprünge in mythischen Gefilden. Herrschaft basierte auf Recht, Glauben und Religion.



I. Jh – Röm Expansionsphase

Das Land zeigt zwar im einzelnen einige Unterschiede; doch im ganzen macht es mit seinen Wäldern einen schaurigen, mit seinen Sümpfen einen widerwärtigen Eindruck [Tacitus „Germania“ Kap 5]. Octavius war als Sieger aus dem Bürgerkrieg hervor gegangen, brachte dem Imperium im Inneren den erhofften Frieden, erkaufte ihn aber mit Auseinandersetzungen an den Grenzen, auch um die zahlreichen Soldaten seiner Armee zu beschäftigen. Zum Augustus („Erhabener“) ernannt führte er Feldzüge in Spanien, Illyrien, Pannonien und über die Alpen nordwärts, um Gallien vor germanischen Angriffen abzuschirmen. In verschiedener Hinsicht ein furchtbares Erbe für seine Nachfolger. Jeder Kaiser sollte von nun ab zur Kontrolle über die Heeresmassen Krieg und Sieg benötigen. Die Armee bedeutete stets eine latente Gefahr nach innen und aussen.[3] Es war nicht unbedingt vorteilhaft Anrainer an römischen Grenzen zu sein. Jenseits der Alpen ahnte ROM nicht, dass es nun in Räume vorstieß, die seit Jahrhunderten Völkerbewegungen mit Druck aus den Tiefen der Germania Magna [Ptolemaios] unterworfen waren, welche Kelten unaufhörlich nach Westen und Süden drängten. Nach erfolgreichen Feldzügen bis zur Nordsee und Elbe, wobei man die Flüße landeinwärts, wie Weser und Ems oder auch Lippe und Main als Versorgungsrouten nutzte, sah Augustus um Christi Geburt in seinem „Tatenbericht“ die Gebiete östlich des Rheins und damit eigentlich das „gesamte Germanienals ROMs Provinz an. Man besaß gute Kenntnisse der Region und über seine Bewohner. Der röm Druck löste weitere Bewegungen von Stämmen aus, nicht nur im Rhein/Main-Gebiet, sondern auch bei den Hermunduren, die vom Elbe-Unterlauf stromaufwärts wichen und begannen im thüring.-mainfränk. Raum zu siedeln. Mglw befanden sich darunter auch langobard. Sippen, das würde später Ähnlichkeiten der Sachobjekte von Thüringern und Langobarden erklären.

Nach der Niederlage 9 AD dachte Augustus keineswegs daran Germanien aufzugeben und es wurden noch einige Feldzüge darum geführt, die Elbe sollte als Grenze gehalten werden, schließlich waren die zivilisatorischen Prozesse an Rhein, Main, Donau sowie auch an der Lahn (Waldgirmes) im vollen Gange. Rohstoffe [siehe Bronze und Messing von der Spätantike zum FMA] wurden rechts des Rheins gewonnen und man besass strategisch günstige Positionen an der Lippe und Werra (Hedemünden), welche aber nicht gehalten werden konnten. Das Misstrauen des umstrittenen Kaisernachfolgers Tiberius in den Truppenkommandeur aufgrund der versammelten Heeresmasse von acht Legionen in Germanien war zu groß, so dass weitere Operationen eingestellt wurden! Wieviel Wert hatte man diesen bewaldeten Hügeln, den Mooren und Sümpfen beizumessen? Welche Schätze hielt dieses unwirtliche Land noch bereit, welche Profite würde es abwerfen? Lohnte es sich weiteres röm Blut zu vergiessen und gar den eigenen Thron zu gefährden? ROM zog sich zurück, sicherte die Grenzen an Rhein und Donau im Vorfeld durch polit. Maßnahmen, um diplomatisch Kontrolle über den Raum zu behalten, dank wirtschaftlicher und kultureller Überlegenheit. Im dreckigen Spiel um Macht und noch mehr Macht nutzten german. Fürsten Bündnisse mit ROM, um gegen unliebsame Rivalen vorzugehen. Die „barbarische Oberschicht“ wurde bezahlt oder erhielt kostbare Geschenke als Klientel auf Gnaden ROMs mit Geiselstellung der german Fürstenkinder und deren Erziehung am Kaiserhof sowie Verleihung des Bürgerrechts - wie musste sich ein Germane auf das Forum Romanum „verfrachtet“ fühlen? In den folgenden Jahrhunderten drückte sich die Überlegenheit ROMs augenfällig durch seine imposante steinerne Architektur aus. Auch wenn äußere Formen der gewaltigen Städte, Häfen, Brücken und des Straßennetzes, den Handwerker- und Handelsorten sowie großen landwirtschaftlich genutzten Gebäudekomplexen letztlich starken Veränderungen unterlagen, waren jene kolossale Hinterlassenschaften doch lange weithin sichtbare Zeugen, vielfach umgebaut und umfunktioniert.[4]

Im röm Selbstverständnis war ROM das Haupt der Welt: Als erfolgreiches und von den Göttern ausgewähltes Volk müsse es vollkommen legitim über alle anderen herrschen. Das Reich bedeutete Zivilisation, der Rest galt als unzugänglicher Urwald, Wüstenei oder Barbarei. Nur der Osten, der Orient, „Quell des Lichts“, wurde als Ursprung hoher Kultur angesehen, von dem sich bereits die Griechen genährt hatten, ohne die wiederum hohe röm Kultur undenkbar gewesen wäre. Seit Jahrtausenden existierten im Osten große Reiche, wie das der Assyrer oder Chaldäer, zuletzt der Meder-Perser und kurzzeitig das von Alexander III. („dem Großen“) von Makedonien, welcher angeblich dem verderblichen Einfluß des Orients anheim fiel, despotisch, verführerisch, mit verweichlichten Untertanen, wie sich das Bild des Ostens nun neu färbte. Aufgrund der gewährten Unterstützung seiner Nachfolger für Karthago wandte sich das Bestreben der röm Republik in den östlichen Mittelmeerraum. Mit Parthern und Sassaniden sollten dort ebenbürtige Gegner erwachsen. Alle anderen Völker zwang ROM durch seine effiziente administrative und militärische Kraft zu ihm aufzuschauen. Von aussen betrachtet war das Imperium der Kaiserzeit von imponierender Größe, begründet auf Jahrhunderte alte Traditionen. ROM hatte keine nebulösen Vorstellungen seiner Vergangenheit, wie barbarische Völker mit oralen Traditionen und Ahnenkult, sondern verfasste detailliert seine Historie, damit nichts dem Vergessen anheim fiel. Römische Autoren sollte lange nachwirken, vor allem die Kirche nahm sich daran ein Beispiel. Sprache, Tradition, die reichhaltige Kultur und der daraus resultierende Stolz röm Eliten hatten Bestand. So werden geistige Errungenschaften überdauern, damals wie heute, falls es Nachfolger und Aufbewahrungsmedien zulassen. Jede Zeitepoche in der westlichen Hemisphäre wurde durch ROM kulturell, künstlerisch oder politisch beeinflusst, vom Mittelalter über Renaissance, Humanismus, Barock und Klassizismus, bis in die Moderne. Römisches Recht floss ein ins Kirchenrecht und in die Rechtssysteme moderner Staaten. Man suchte entweder Anleihen in der röm Republik, siehe Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika oder in der Kaiserzeit, wie Mussolinis Anspruch eines „Mare Nostro“ oder Albert Speers Baustil, um einige sehr unterschiedliche Orientierungsrichtungen zu nennen, wie auch immer man zu diesen Dingen stehen mag...

Die Götter sind auf der Seite des Stärkeren[Tacitus]

Bannkreise der Macht - Von aussen betrachtet muß ROM vielen wie ein gefräßiges Ungeheuer vorgekommen sein, das sich auf Kosten seiner Anrainer bereicherte. So wuchsen und wachsen „Imperien“ mit Raub, Mord, Plünderung, Vergewaltigung, Deportation und Versklavung, mit allem was Menschen einander antun in überlegener Haltung gegenüber einem vermeintlichen „Untermenschen“ - keine Fanfaren – kein Tusch ! Das Recht des Siegers ! ROM besaß einen hohen Integrationsfaktor und innerhalb solcher Systeme ist man Teilhaber und Nutznießer. Die Regierungsform spielt dabei keine Rolle. Auch Demokratien gebärden sich nicht unbedingt menschenfreundlicher, betrachtet man z.B. Hegemonie und Machterhaltung Athens im Attisch-Delischen Seebund des V. JhsvC. Jedes Ausscheren seiner Mitglieder wurde unterdrückt. Despotisch verhielten sich koloniale Mächte der Neuzeit, auch unser heutiges Gebaren ist bedenklich, seit der globale Krieg um Ressourcen bereits über 100 Jahre im Nahen Osten währt durch das imperialistische Bestreben westlicher Mächte, dem Erdöl geschuldet. Jeder unterstützt diese Machenschaften, auch der „Stromtanker“ nutzt Plastik und Erdölprodukte. Im „Hier und Jetzt“ gibt es keine neutrale moralische Instanz, jedes Tun wird durch den Herrschenden, den Überlegenen, den Stärkeren seine moralische Rechtfertigung finden. So behalten die Worte des Schweizers Jacob Burckhardt ihre Gültigkeit: „...in einem tiefen Mißtrauen in die bewegenden Kräfte (der Geschichte)...“, wie Kurt Köster in seiner Huizinga-Ausgabe „Herbst des Mittelalters“ von 1965 voran schrieb [HdM, S. IX].




II. AD – Neue Strategien

Der höhere Lebensstandard auf röm Territorium erzeugte ein Kultur- und Wirtschaftsgefälle in Richtung auf die Gebiete jenseits der Grenzen. Die sichernde Befestigungslinie war durchlässig für Güter von beiden Seiten. Rohstoffe, wie Pelze, Blei oder Bernstein, aber auch Sklaven waren im Röm Reich begehrt. Umgekehrt brachten Handel und Technologietransfer neue Elemente ins rechtsrheinische Germanien, wandelten Mode und Sitten. Es war anhand der Grabfunde mit röm Luxusgütern, Prestige- und Statussymbolen eine Entwicklung zu beobachten hin zu wohlhabenden germanischen Machthabern. Untereinander wurden Geschenke als ehrenvoll angesehen und weiter gereicht, wie es Tacitus betont [Germania, Kap. 15]. Je weiter von den Grenzen entfernt, desto kostbarer sind heutzutage archäologische Funde einzustufen, wie röm Münzen als Edelmetall oder Waffen im Baltikum und Skandinavien. ROM wurde weithin akzeptierte Leitkultur für die Elite jenseits von Rhein und Donau. Es wollte den Sieg, nicht kostspielig auf dem Schlachtfeld, sondern durch überlegene Politik und Wirtschaft. Man band die german Aristokratie an sich, säte Zwietracht, verteilte Bestechungsgelder zur Parteinahme oder forderte umgekehrt durch Zahlungen zum Stillhalten auf. In der Zeit des Kaisers Marcus Aurelius (161-180) war ein gewaltiger Schub von Silber-Denaren ins Barbaricum zu verzeichnen. Denn es hatten sich mächtige german Bündnisse gebildet, die es wagten mit Verbänden tief bis nach Italien plündernd vorzudringen, so dass die Donaufront durch mehrere Feldzüge in den Markomannen-Kriegen stabilisiert werden musste, mit Carnuntum als Operationsbasis. Der Sold wurde massiv erhöht und die röm Silberwährung begann zu verfallen. Das Reich litt zunehmend an schweren inneren Krisen mit Destabilisierung durch Usurpatoren und daraus resultierende Bürgerkriege. Zwischen 192 bis 285 wurden von 66 auf Münzen abgebildete Kaiser 57 ermordet! Nur neun Herrscher starben natürlichen Todes oder erlagen einer Krankheit. So verlor das Imperium an Ansehen als es nicht mehr gelang die äußeren und inneren Konflikte zu bewältigen, während jenseits der Grenzen ernst zu nehmende politische Kräfte entstanden. ROM hatte diese Machtpositionen ermöglicht, nun sollten sie in bisher nicht geahnter Weise auf das Imperium zurück schlagen und es zunehmend in die Defensive drängen!




III. Jh – Das Reich in der Krise

Zur Einführung eine Zeitenwanderung: ...Es war schon spät und Sunnas Strahlen stachen nicht mehr durch das fahle Gewölk. Windstöße trieben kühl in den Rücken, trockneten den Schweiss im Nacken...

Durch einen spürbaren Mangel an röm Rekruten ermunterten röm Caesaren Barbaren einzeln oder in Gefolgschaften, vertraglich gebunden oder notfalls gezwungen Dienst in der röm Armee zu nehmen, welche damit detaillierte Einblicke in röm Armeestrukturen und Ausrüstung gewannen. Die Ausweitung des röm Bürgerrechts 212 AD unter Kaiser Caracalla (211-217), was u.a. dazu diente das Steueraufkommen des Staates zu erhöhen, schuf darüber hinaus für Aussenstehende Anreize Auskommen, Karriere und Verdienst in der röm Armee zu suchen. Bereits seit geraumer Weile erhielten Auxiliare der Hilfstruppen nach Ableistung ihrer 25 Dienstjahre das röm Bürgerrecht, was auch für deren Ehefrauen und die Nachkommen galt. Das hob in der röm Kaiserzeit bei vielen Provinzbewohnern den sozialen Status.


Caracalla wähnte sich in den Fußstapfen Alexanders d Gr, als er siegreich gegen die Parther vorging und deren Reich den Todesstoß versetzte, so dass sich weit im Osten ein weitaus gefährlicherer Gegner mit den Sassaniden formieren konnte, welche das Röm Reich massiv unter Druck setzten. Caracalla bezahlte den Feldzug mit seinem Leben und zukünftig sollten Sieg oder Niederlage im Osten über die Herrschaft eines Kaisers richten. Innere Krisen mit katastrophalen Bürgerkriegen durch immer neue Usurpatoren und Soldatenkaiser, vom Heer zum Herrscher ausgerufen, entblößten die Grenzen und verlockten im III. Jh barbarische Stämme an Rhein und Donau, die Goten im Schwarzmeerraum sogar mit Beutezügen per Schiff, sich mit Gewalt röm Gebrauchsgüter und Kostbarkeiten anzueignen. Diese Züge hatten Signalwirkung auf Nachahmer, deren Aktionsradien sich deutlich erweiterten, falls ihnen auch auf dem Rückweg, mit Plündergut beladen, keine ernsthafte Gefahren drohten. Erfolgreiche Aktionen bescherten barbarischen Anführern Zulauf, aber auch innerhalb der röm Armeestrukturen bröckelte es und röm Soldaten beteiligten sich an Plünderungen. In solchen Zeit häuften sich Hortfunde auf röm Boden mit vergrabenen Münzschätzen. Schutz versprachen die Städte, welche eiligst befestigt wurden. Vereinzelt gelang es röm Herrschern Exempel zu statuieren durch tiefe Vorstöße und Expeditionen östlich des Rheins, wie es das Schlachtfeld bei Kalefeld in der Nähe von Northeim beweist, auch im Donauraum wurden Feldzüge weit jenseits des Limes geführt. Aber das Imperium zerfiel in Teilreiche, eine Katastrophe folgte der anderen und nur dank der Tatkraft des Kaisers Aurelianus (270-275) gelang es die Einheit wieder herzustellen. Er war auch derjenige, welcher den Bau der imposanten Mauer Roms initiierte, welche von nun ab das Bild der Stadt prägte. Man konnte aber nicht verhindern, dass sich ein Konglomerat von elbgermanischen Sippen in der 2. Hälfte des III. Jhs, die man später als „Alamannen“ bezeichnen sollte, dauerhaft auf röm Territorium festsetzten. Im Donauraum musste man in den 270ern die nördlich gelegene rohstoffreiche Provinz Dacia aufgeben.

Eine weitere Zäsur war die Herrschaft des Diocletianus (285-305) mit verschiedenen Reformprogrammen. Ihm gelang es die inneren Unruhen zu beenden und mit umfassenden Militär- und Verwaltungsreformen gegen die Krisen der Zeit, u.a. gegen die galoppierende Inflation, anzugehen. Das Reich wurde in große Diözesen aufgeteilt, von zwei Augusti und zwei Caesares gemeinsam regiert, die „Tetrarchie, ein Novum in der röm Geschichte. Auch sein Nachfolger Constantin (seit 306 Kaiser, später als „Augustus“ Alleinherrscher bis 337) versuchte den Verfall des Imperiums aufzuhalten, was zur grösseren Verstaatlichung, Bürokratisierung, gewaltigen Steuerzwängen und einer statischen Zwangsgesellschaft führte. In der Forschung wird mit diesen Herrschern die Zeit der „Spätantike“ eingeleitet.[5]

Nach ersten Erfahrungen in den 260er Jahren rückte man nun vollends von der linearen Grenzverteidigung ab und schuf ein bewegliches Feldheer (comitatensis) mit starken Kavalleriekontingenten. Teilweise stammte deren Ausrüstung aus dem nomadisch-sarmatischen Milieu, denn es dienten zahlreiche Fremd-Einheiten im Heer. Militärhistorisch war dies folgenreich, siehe nachfolgenden Exkurs. Es verschlang Unsummen und im röm Staat wurde alles auf die Armee ausgerichtet. Hinter den Grenzflüssen Rhein und Maas und den östlichen Donau-Provinzen entstanden tief gestaffelte Verteidigungssysteme. Städte im Hinterland, die aufgrund der Pax Romana seit Jahrhunderten keine Mauern gebraucht hatten, wurden nun befestigt, ebenso Gutshöfe durch vermögende Grundbesitzer, die sich selbst mit einem Gefolge von Privatsoldaten zu umgeben vermochten. Diese umwehrten villae dienten eigentlich zur Versorgung des röm Militärs. Nach der Machtübernahme durch germanische Eroberer sollten sie später den Kern von Adelssitzen und Siedlungen bilden, wie es durch noch heute gebräuchliche Ortsnamenendungen -ville / -wil / -weil / -weiler, siehe rotuvilla = Rottweil, nachweisbar ist. Die Bevölkerung suchte Schutz in den Städten und verließ gefährdete Provinzen, die sich entvölkerten. Wer blieb hatte Unterhalt und Einquartierung des Feldheeres zu erdulden, indem ein Drittel des Wohnraums den Soldaten zur Verfügung stand. Militäransiedlungen wurden von Milizen an strategisch wichtigen Punkten bewacht, im IV. Jh zunehmend durch Germanen im röm Dienst, ablesbar an Beigaben führenden Gräbern mit röm-germanischen Formen und Waffen. Römer bestatteten ohne Waffen. Die fortdauernden Kriege machten weitere Aufnahmen von Germanen in die röm Armee vonnöten, sofern Gelder zur Verfügung standen, ansonsten wurde Land kriegsgefangenen und halbfreien Laeten/Laten zugewiesen, um die Räume zu verteidigen und Plünderer abzuwehren. Germanen profitierten also von den inneren Streitigkeiten im Imperium, nicht nur durch die Beutezüge, sondern auch durch die massive Aufnahme ins röm Heer, das einen steten Verfall der Integrität nach sich zog, bis es in der Schlußphase „rein römische“ Einheiten eigentlich nicht mehr gab.

Man wollte Teilhabe an Segnungen und Schutz der röm Zivilisation durch Landzuweisung, Bundesgenossenschaft, Ämterzuteilung in der röm Militärhierarchie, grundsätzlich Anerkennung und Entlohnung für Dienste, die man unter röm Standarten leistete. Im polyethnischen Imperium war eine Integration jederzeit möglich und oft genug erfolgreich vorexerziert. Aber Ende des IV. Jhs sollten alle Dämme brechen als, ausgelöst durch den Vormarsch der Hunnen, große geschlossene germanische Gruppierungen ins Reich eindrangen und dort Jahrzehnte umher zogen, vielen Provinzen manche Kriegsgräuel mit Raub, Plünderungen, Vergewaltigungen, Geiselnahmen zur Lösegelderpressung, Enteignungen, Verwüstungen, Hunger und Seuchen brachten, so wie es früher anderen Völkern ergangen war, wenn sich röm Armeen austobten. Aber ROM hatte ja immer „nur Verteidigungskriege“ geführt, wie sich seine Autoren auszudrücken pflegten...



Exkurs: Aufbau schwerer röm Kavallerie Die Forschung schenkte Auseinandersetzungen zwischen Infanterie-gestützten Mächten und Kavallerie-dominanten seit je her besondere Aufmerksamkeit, siehe Kämpfe der Hopliten griech Stadtstaaten mit Persern [Bild] oder röm Legionären mit Parthern. In der eurasischen Steppe bot zur Bronzezeit die Domestizierung des Pferdes, eines agilen Fluchttieres, Völkern der indo-iranischen Sprachkultur (Hyksos, Mitanni) Überlegenheit mit Verwendung des Streitwagens als Waffenplattform und zur Eisenzeit durch Reitereinheiten (Meder-Perser) gegenüber sesshaften Völkern des Nahen und Mittleren Ostens. Mehrfach rückten aus der Steppe Nomaden (Kimmerer, Saken/Skythen) nach und nötigten Sesshafte angepasste Militärtaktiken zu entwickeln oder Reitausrüstungen zu übernehmen. Eine statische Infanterieabwehr zwang automatisch in die Defensive. In Europa fanden zur Bronzezeit ähnliche Prozesse archäologisch nachweisbar statt. Assyrer führten im 1. JtsdvC Feldzüge in die unwirtlichen Bergregionen Armeniens, um sich der begehrten „Nisean“-Pferde mit einer Risthöhe bis zu 1,36 m zu versichern, nachdem sie deren Wert zur Ausbildung eigener Kavallerie erkannt hatten, später begründeten sowohl Meder/Perser, als auch Parther mit dieser Pferderasse ihren Aufstieg. Nomaden waren in Kombination von Schwärm- und Schockattacken gefährliche und kaum zu überwindende Gegner, welche taktisch und strategisch die Tiefe des Raums nutzten mit flexibel agierenden berittenen Bogenschützen und Panzerreitern. Reiter der Gegenseite verwendeten eher Wurfspeere und die Handhabung des Bogens auf dem Pferderücken war schwer zu erlernen, dazu nahm man reiternomad. Kontingente unter Sold, dann kämpften ihresgleichen gegeneinander. Um sich gegen Fernwaffenwirkung zu wappnen nutzte die nomad. Oberschicht Panzerungen, sowohl auf dem Streitwagen, wie später im Sattel. Zur Abwehr gegnerischer Reiterbogner führten die gepanzerten Reiter zweihändig lange Stoßlanzen, von Skythen/Kimmerer vorexerziert, von Lydern, Thrakern, Makedonen, Parthern und Sassaniden übernommen. Das hinterließ in der Militärtaktik Spuren. In der frühen RKZ war es vonnöten die schwerfällige röm Infanterie mit Kontingenten (auxilia) leichter Wurfspeer-Reiter numidischer, germanischer, keltischer und iberischer Herkunft mit Aufklärung und Flankenangriffen zu unterstützen. Auf jene gingen Begriffe in röm Militärhandbüchern zurück, siehe Arrians Reitertraktat von 136 AD. Tacitus hatte germanische Reiter auf „unschönen, wenig schnellen Pferden“, mit der Frame (Wurfspeer) ohne schwere Rüstung erwähnt [Germ Kap. 6]. Das Pferd war Germanen heilig, ausgedrückt nicht selten durch Grabopfer bei Bestattungen [Germ Kap 27]. Die german Taktik kombinierte geschickt den Einsatz von Reitern mit leichter Infanterie, die plötzlich zwischen den Pferden auftauchte. Es war üblich vor der gegnerischen Frontlinie nach rechts zu ziehen, um vom eigenen Schild gedeckt den Speer zu schleudern. Verbände im röm Dienst übten laut Reitertraktat kunstvolle Wendungen, ein beliebtes Schauspiel, ähnlich wie Wagenrennen im Circus! Man nutzte wohl den „Hörnchensattel“, Steigbügel waren noch unbekannt. Nach zahlreichen Auseinandersetzungen mit sarmatischen Reiternomaden an der Donau war ROM gezwungen die eigene Armee durch schwere Reitereinheiten aufzurüsten. Zur späten RKZ verrichteten schließlich hunnische Reiterbogner und schwere sarmat. Panzerreiter mit Stoßlanzen (Iazygen, Roxolanen und Alanen) ihren Dienst unter röm Standarten. Ihre Verbände wurden unverzichtbarer Bestandteil des mobilen Feldheeres mit Standorten in Italien, Gallien bis nach Britannien, Germanen stellten zunehmend das infanteristische Gros.



IV. Jh – Starke Gegner an allen Fronten

Zur Einführung eine Zeitenwanderung: "...Die Signalhörner hatten auf die Mauer gerufen. Schlaftrunken die meisten, hoch von der Pritsche. Aufregung und Gemurmel im Dunkel, man stolperte im Raum durcheinander, nur scheinbar, denn es war oft geübt,..."

Die Völkerwanderung - was verbinden wir damit? Der abgrundtiefe Fall einer blühenden Hochkultur in finstere Barbarei? Die Machtübernahme von „wilden Horden“, die sich röm Sachgüter gewaltsam aneigneten, gut ausgebaute Infrastruktur westlich des Rheins und südlich der Donau zerstörten, Grund und Boden neu verteilten, um Ackerbau und Viehzucht innerhalb der ehemaligen röm Stadtareale zu betreiben? Waren es die „Dark Ages“, wie sie die Engländer (mangels ausreichender Quellen?) bezeichnen? Sind alle einfallenden Völker als „ungezügelte, kulturlose Wilde“ anzusehen, von mißliebigen röm Quellen so beschrieben, weil es eben „Barbaren“ waren, zu nichts anderem in der Lage, quasi in ihrem „Naturzustand“? Zieht man spätantike Autoren wie Ammianus Marcellinus, Procopius oder Salvianus heran, wurden von den röm Zeitgenossen bereits die Bürgerkriege im Inneren, die Thronusurpationen, der Währungsverfall, Glaubensstreitigkeiten mit sozialen Verwerfungen, Morde und Anschläge als Zeit großer Unsicherheit empfunden bis hin zum persönlichen Martyrium.

Es gilt zu unterscheiden zwischen barbarischen Beutezügen in der Frühphase (Kommandounternehmen), dem Anwerben von german Söldnerkontingenten im Interesse ROMs und schlussendlich dem Einfall von großen Gruppen mitsamt ihrer Familien. Was veranlasste letztere angestammte Siedelgebiete aufzugeben und auf ungewisse Wanderschaft zu gehen? Nur extreme Zwänge konnten dazu führen alles was Sicherheit und Stabilität bedeutete hinter sich zu lassen. Lagen die Gründe in einer Klimaverschlechterung mit Zusammenbruch der Ernährungsgrundlage, drohte nach mehreren Mißernten der Hungertod, so dass kein Ausweg blieb? Waren es skandinavische Völker, welche Völkerverschiebungen in Norddtld und Osteuropa auslösten? Zwangen diese Prozesse mit Druck auf benachbarte Völker, wie Langobarden auf Sueben an der Elbe, Goten auf Lugier/Vandalen an der Weichsel und Vandalen wiederum auf Burgunder an der Oder zur Auswanderung, genauso wie es im IV./V. Jh reiternomadische Alanen und Hunnen auslösten? Dann wäre an manchen Ursprungsmythen ein Körnchen Wahrheit. Auf röm Territorium trachteten germanische Anführer nicht danach das röm Reich zu zerstören oder es gar zu übernehmen, dazu waren die einzelnen Verbände, die aus Gründen der Ernährung überschaubar gehalten werden mussten, gar nicht in der Lage. Man wollte in erster Linie den Erhalt sicher stellen durch Land zum Siedeln, den Schutz und die Anerkennung durch das röm Gemeinwesen. Dafür war man bereit als bündnisabhängige Foederaten unter eigenem Kommando gegen Sold und Landzuteilung, wie fränk. Fürsten in Toxandria (belgisch-niedergermanisches Gebiet westl. des Niederrheins), burgundische Verbände im Raum Wetterau/Main und gotische in Dacia nördlich der unteren Donau für die Interessen ROMs zu kämpfen, für eine Akzeptanz durch ROM, welches nun seine Grenzen nicht mehr im german Vorfeld sicherte, sondern gefährdete Grenzbereiche den neuen Bündnispartnern überließ, die formell Reichsgebiet blieben. Notgedrungen änderte sich der Blick röm Autoren auf die Neuankömmlinge, als sie begriffen es nicht nur mit beutehungrigen Plünderern zu tun zu haben, sondern dass man sich arrangieren musste, als die Fremden begannen mit Frauen, Kindern und Alten auf weström Territorium zu siedeln. Mit Foederatenverträgen konnten sich Germanen legal ein Drittel der Erträge und des Steuereinkommens der zugeteilten Provinz sichern und behielten zudem dort ansässige provinzialröm Bauern unter Kontrolle. Die Gegenleistung war die Verteidigung der Grenzen im Reichsverbund.[6] Wie sehr man die röm Oberhoheit anerkannte erweist sich aus dem Kursieren röm Goldmünzen mit Caesarenbildnissen, da Münzen seit je her als Symbol der Macht gelten - Übernahme bedeutete Anerkennung. Eine Eigenprägung war Zeichen von politischer und wirtschaftlicher Autonomie. Und es dauerte eine ganze Weile bis german Herrscherköpfe Goldmünzen zierten.

Für röm Provinziale (Romanen) mag es im IV. und V. Jh schwierig gewesen sein rein äusserlich Germanen als Eroberer in habitu barbaro von Germanen im röm Dienst zu unterscheiden, denn „Soldat“ und „Barbar“ wurden eins, selbst in höchsten militärischen Rängen! Der röm Soldat war schon lange von dem landläufigen Bild eines Schienenpanzer tragenden miles der frühen Kaiserzeit entfernt. Man trug nun, wie vorher nur in den auxilia, als leicht Bewaffneter Tunica und Filzkappe, Hosen und Wadenwickel, der schwer Bewaffnete Kettenpanzer und Helm, Offiziere gegen Ende des IV. Jhs einen breiten Gürtel, der das Tragen des Kettenhemdes erleichterte. Manch germanischer Söldner kehrte nach Ableistung der Dienstzeit, vertraut mit der Errungenschaften römischer Zivilisation, in rechtsrheinische Gebiete zurück und weist sich heute archäologisch durch röm Relikte im Grab aus. Laeten blieben gezwungenermaßen als Siedler und Milizionäre auf Reichsboden, nutzten für ihre Gräber eigene Areale, getrennt von römischen Provinzialen, erkennbar an den Trachtelementen, wie an den bis 10 cm breiten Offiziersgürteln mit Kerbschnittzier um 400 und an der Waffenbeigabe, darunter in dieser Zeit recht häufig Äxte, Römer bestatteten ohne Waffen. Bei germanischen Frauen fanden sich kleine Bügel- oder Vogelfibeln. Entlang der Loire über die Champagne bis nach Burgund zieht sich die Südgrenze der Funde, was sich mit den frühen german Siedelräumen in Gallien deckt. Konzentrationen fanden sich im fränk. Toxandrien und später im Maasraum. Germanen übernahmen die Körperbestattung, rechts des Rheins wurde meist verbrannt, bis auch dort veränderte Begräbnissitten einsetzten [beispielhaft fürstl. Frauengrab von Haßleben, nördl. Erfurt Ende III. Jh mit röm Importwaren, LitEmpf. siehe Böhme, German Grabfunde des IV. bis V. Jhs zw. unterer Elbe und Loire, 1974]. Neuankömmlinge auf Reichsterritorium assimilierten die röm Kultur, wollten in vielen Dingen Römer sein, akzeptiert werden, wie manche vor ihnen, bewirkten aber auch eine „Barbarisierung“ vornehmlich des röm Militärs. Kaiser Theodosius (379-395) erließ scharfe Kleiderordnungen, um die röm Eliten von dieser Entwicklung abzuschirmen. Nördliche röm Provinzen zeigten eine Aufnahme regionaler Gottheiten, siehe Matronenkult. Die Bestattete in Rommersheim Grab 6 bekam für ihre Jenseitsreise ein in röm Technik gefertigtes gewundenes Trinkhorn aus grünem Waldglas mit, heute im Landes-Museum Mainz, ältere Formen auch aus Köln bekannt. Viele Artefakte der Spätantike verdeutlichen die bloße Übernahme, manche aber auch eine röm-germanische Synthese, prägend für kommende Jahrhunderte.


V. Jh – Das Ringen um Bestand

Hieronymus um 400 AD: „Mich schaudert in der Seele, wenn ich an den Niedergang unserer Zeit denke. Zwanzig und mehr Jahre sind es nun her, seit von Konstantinopel bis zu den Julischen Alpen täglich römisches Blut vergossen wird...Kirchen wurden zerstört, Altäre Christi zu Pferdeställen gemacht, die Gebeine der Märtyrer aus den Gräbern gerissen. Grausamer Jammer nur überall, Schrecken und Tod in vieler Gestalt... Das Römische Weltreich stürzt...

Gotischen Sippen, das Reich um Schutz ersuchend, war auf der Flucht vor den Hunnen in der 2. Hälfte der 370er der Übergang an der unteren Donau auf oström Territorium erlaubt worden. Jene galten nicht als Fremde, sondern waren nach einigen Auseinandersetzungen nun offiziell Verbündete ROMs. Allerdings führte das Unvermögen und die mangelnde Bereitschaft regionaler Provinzverwalter Zehntausende dieser Flüchtlinge aufzunehmen zu Verbitterung auf Seiten der Neuankömmlinge. Es folgte der Aufruhr und 378 die röm Niederlage bei Adrianopel, zwei Drittel des östl. Bewegungsheeres auslöschend, Plünderungen oström Städte und über viele Jahre zu marodierenden Flüchtlingstrecks, die sich auf das westliche Reichsgebiet verlagerten, was in der Eroberung Westroms 410 durch Alarich gipfelte, nachdem ihm Anerkennung und Versorgung durch den Kaiser versagt blieb, LitEmpf. M. Kulikowski, Die Goten vor Rom, 2017.

...nach dem Überfall [TW Attila]

Auch wenn die Kaiserresidenz inzwischen in Ravenna lag, war die Plünderung der ewigen Stadt, Bezwingerin und Herrin des orbis terrarum einem Erdbeben vergleichbar das Westreich bis in alle Fugen der inzwischen überwiegend christlichen Gesellschaft erschütternd: „Wie konnte Gott dies zulassen?“. Schwierige Frage, die Goten waren Christen, arianische Christen. War der katholische Glauben der falsche? Fünf Jahrzehnte später wurde die Plünderung wiederholt durch Vandalen, inzwischen auch arianische Christen, welche einen der unglaublichsten Züge der Völkerwanderung hinter sich gebracht hatten, nach ihrem Rheinübergang im Winter 406/07 und langem Weg über Gallien und Spanien bis nach Nordafrika. Für viele Jahre war kaum eine Provinz ausgenommen von Plünderungen und Überfällen, auch weit von der Grenze entfernt, denn das vorzügliche röm Straßensystem ermöglichte schnelle und weitreichende Manöver auszuführen.[7]

Nachdem ROM aus den anfänglichen Katastrophen gelernt hatte, begann es im begrenzten Maß steuernd einzuwirken und rivalisierende german Gruppierungen gegeneinander auszuspielen. Denn sie standen alle unter dem gleichem Zwang ihre Scharen in der schwierigen oft lange währenden Wandersituation zu ernähren. Germanen waren keine Nomaden, die Lebensweise war ihnen fremd! Plündern konnte auf Dauer keine Lösung für die prekäre Ernährungslage sein, denn irgendwann hatte man Regionen „kahl gefressen“. ROM lieferte Lebensmittel und sicherte Bündnisverträge zu, um „romanisierte Barbaren“ nun gegen neu einfallende Barbaren kämpfen zu lassen, wie Verbände der Franken und Burgunder gegen rechtsrheinische Alamannen oder Verbände der Westgoten gegen Vandalen und Sueben in Spanien. Die westgot. Anführer, welche mit ihren Sippen vier Jahrzehnte (!) von Griechenland über Italien nach Gallien und Spanien zogen, waren mit röm Gepflogenheiten vertraut, der Art und Weise „hochmütiger röm Diplomatie“, der Arroganz und Ignoranz, der Offenheit und Verschlagenheit des Routiniers auf diesem Gebiet. Trotz der Eroberung von Rom 410 und den Bereicherungen, welche sich Westgoten auf Reichsgebiet angeeignet hatten, ging die Römer mit ihnen Verhandlungen ein. Ihnen standen keine homogenen ethnische Verbände gegenüber, sondern zusammengewürfelte Personengruppen, Zweckbündnisse, Sippen, Familien, „Fahrgemeinschaften“, die eine gemeinsame Identität erst durch schriftliche Überlieferungen viel später fanden. Es ist also eine grobe Vereinfachung von Völkern zu sprechen mit Benennung von aussen. Stämme („Stammbaum“) setzen eine gewisse Seßhaftigkeit voraus. Ihre Benennung verweist auf Sippen mit einem (mythischen) Urahn, dem Namensgeber. Die Zuordnung von archäologischen Funden nach ethnischen Gesichtspunkten wird heute vorsichtig beurteilt, da es in der Bewegung zu Angleichung und Veränderung im Habitus der Wandernden kam. Nachfolgende Betrachtungen werden sich verstärkt auf Gefolgschaften richten, da sie für einige Generationen das soziale Gerüst der militärisch organisierten barbarischen Gemeinschaften waren und alte regionale Sippenverbände, an Grund und Boden gebunden, in der Bewegungsphase nicht unbedingt den Zusammenhalt wahren konnten, um auf erobertem Territorium neue Zusammensetzung zu finden [siehe dazu auch Hundertschaft-Gefolgschaft und Gesellschaftliche Strukturen im Wandel von der Spätantike zum FMA]. Ende des V. Jhs war Theoderich angeblich in der Lage mit über 20.000 Streitern nach Italien zu ziehen! Eine Feldarmee dieser Größenordnung war auch für röm Verhältnisse eine imposante Streitmacht. ROM hatte nach der Auflistung der Notitia Dignitatum um 400 für das gesamte Reichsgebiet wohl einige hunderttausend Mann unter Waffen, die Feldarmeen waren aber zahlenmässig auf wenige zehntausend Mann begrenzt. Die Oberkommandierden und ein Gutteil der Mannschaft setzten sich ausschließlich aus Germanen mit Foederatenstatus zusammen.

Anf. des V. Jhs zwangen plündernde barbarische Verbände in Italien den röm Heermeister (magister militum) Stilicho die Truppenpräsenz in den Provinzen auszudünnen. Eingangs wurde der Abzug von Einheiten erwähnt, was den Zusammenbruch der Rheinverteidigung zur Folge hatte, so dass schwere Einbrüche erfolgten, wie 406/07 bei Mainz. In Folge gelang es Sueben und Westgoten sich Teile Galliens und Spaniens anzueignen, das brachte den Rückzug der politischen Macht ROMs in diesen Provinzen mit sich und damit ein Ausfall der Steuereinnahmen. In Spanien hatte sich in friedlichen Jahrhunderten eine florierende Wirtschaft entwickeln können, hinzu gab es unverzichtbare Rohstoffvorkommen. Vandalen unter Geiserich brachten mit Nordafrika die „Kornkammer Westroms“ unter ihre Kontrolle, so dass die Ernährung der stadtröm Bevölkerung nicht mehr sicher gestellt und Italiens Küste von Angriffen bedroht war. In den Provinzen gärte es und es kam zu Rebellionen, wie im Nordwesten Galliens als entlaufene Sklaven, Armeedeserteure und in den Ruin getriebene gallische Bauern, die Bagauden (kelt. „die Streitbaren“), welche nicht mehr gewillt waren die drückende Last des röm Steuerwesens zu ertragen, bereits begannen eigene Münzen zu prägen, ein sicheres Zeichen für Eigenständigkeit. Der röm Staat wurde wirtschaftlich stranguliert. Hunnische Verbände mit Germanen in ihrem Gefolge drangsalierten den Donauraum, um Tribute aus Ostrom zu erpressen, wandten sich dann unter Attila nach Westen und plünderten Nordgallien und Norditalien. Aetius, Mitte des V. Jhs amtierender Heermeister (magister militum per Gallias), gelang es nur mit Hilfe westgermanischer Kontingente die Hunnengefahr zu bannen. Nach seiner Ermordung stand das weströmische Heer quasi vor der Auflösung, denn die Armee war es gewohnt ausschließlich romano-barbarischen Heermeistern zu folgen und nicht einem Kaiser, hinzu war nach dem Verlust ganzer Provinzen, breitflächigen Verwüstungen und damit verbundenen Steuerausfällen die Finanzierung nicht mehr sicher gestellt. Das entzog dem röm Militärstaat die Grundlagen. Das System kollabierte. Mit dem Auflösen der übergeordneten röm Provinzialadministration mussten Städte sich auf ihre eigenständige kommunale Selbstverwaltung zurück ziehen. In christlichen Gemeinden übernahmen hohe kirchliche Würdenträger, wie Bischöfe, weltliche Aufgaben.

Salvianus klagte um 430: „Schauspielvorführungen gibt es jetzt keine mehr...Man spielt nicht in der Stadt Mainz – sie ist verwüstet und zerstört; man spielt nicht in Köln – es ist voll von Feinden; man spielt nicht in der wunderschönen Stadt Trier – sie liegt viermal zerstört am Boden; man spielt schließlich nicht mehr in den meisten Städten Galliens und Spaniens...


Situation Ende V. Jh vor der fränk. und ostgotischen Expansion. Angeln, Sachsen und Jüten hatten begonnen in Britannien zu siedeln, in Gallien war ein röm Restreich unter Syagrius bis 486 existent mit westgot. Bündnispartnern, welche in Aquitanien ihre Heimat gefunden hatten. Franken sassen in Nordgallien und beiderseits des Rheins, grenzten zu Friesen und Sachsen. Das Maingebiet war alamannisch-thüringischer Raum, einst dort kurzzeitig siedelnde Burgunden wurden nach der Niederlage gegen Hunnen und Römer in den Westalpenraum verwiesen. Das Reich des Odoaker, welcher 476 den letzten weström Kaiser abgesetzt hatte, erstreckte sich über Italien und die Alpen bis zur Donau mit den ehem. röm Provinzen Raetien und Norikum, in Nachbarschaft Ostgoten, Rugier, Gepiden, Heruler und Langobarden. Der ostgotische Einfall unter Theoderich, mit Billigung des oström Kaisers Zenon, stand unmittelbar bevor, um den Westen barbarischen Machthabern zu entreissen und wieder unter erhoffte röm Oberherrschaft zu bringen...


IV

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V

Gürtelrekonstruktionen IV.-V. Jh {im Aufbau}

Gürtel spielen in der archäologischen Forschung im Übergang Spätantike-FMA als aussagekräftige Fundgattung eine erhebliche Rolle. Bis in die ersten Jahrzehnte des V. Jhs sind Gürtel der römischen Militärausrüstung mit Kerbschnittzier in german. Männergräbern markant. Längliche Stabilisatoren hielten breite Gurte in Form. Mit einem Riemenschieber wurde die verzierte Zunge zur Seite geführt. Gegen Mitte und in der 2. Hälfte des V. Jhs finden sich in Männer- und Frauengräbern einfache auf die Schnalle hin „reduzierte“ Exemplare, manchmal mit Tierkopfenden am Schnallenbügel, vielfach auch schlichte Eisenschnallen und Wende zum VI. Jh materialstarke bronzene Varianten mit Kolben- und Schilddorn [siehe Gürtel frühe MWZ V.-VI. Jh]. Durch die Reduzierung auf die Schnalle wird es schwer eine Aussage über Gürtelbreiten zu treffen, wenn das Leder vergangen ist, da Stabilisierungen oder Zieren in diesen Fällen fehlen. Ohne Riemenzunge und ohne Kenntnis der Fundsituation (Befund), also Lage im Grab, ist auch die Gürtellänge nicht zu bestimmen.

eis = Eisen, bz = Bronze, ws = Weißmetallüberzug, FO = Fundort. Zu den Kategorien A-E im Detail: Gesellschaftsstrukturen des FMAs.

B

(C)


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Italia“ / „Gallia“ / „Germania“ u „Raetia“ mit Mosel-Rhein-Donau-Raum





[auf dem Bild rechts Blech noch nicht vernietet]


Spätröm „Bogenschnalle“ seit dem IV. Jh mit überregionaler Verbreitung von Gallien, entlang der Rheingrenze bis nach Norditalien und in den Osten. Funde z.B. in Chalons, Krefeld-Gellep, Bonn, Andernach oder Kempten.

Germanische Ausführungen im alamann.-baiuwar. Raum lassen sich bis ins VI./VII. Jh nachweisen oft mit leichten Riefenverzierungen oder massiv in Eisen gefertigt, teilweise mit Tauschierungen, siehe bsplw München-Aubing.

Im XV. Jh sollten „hohe“ Bogenschnallen mit weitem Durchlaß wieder aufgenommen und vor allem bei Houppelande-Gürteln beliebt werden. Somit haben wir einen schönen „Bogenschlag“ vom Anfang bis zum Ende des Betrachtungszeitraums.

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IV-V_010_bz

25 mm Riemen (braun/natur/rot)

Zungen hierzu sind nicht nachweisbar

montiert 55,00 EUR


B

(C)


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Raum Elbe, Weser, Lippe, Ruhr, Rhein, Maas, Mosel, Neckar und Donau












Derivat der breiten röm Militärgürtel des IV./V. Jhs mit Schnallenbügel endend in Tierköpfen an der Dornachse. Im Laufe des V. Jhs wurden Gürtel einfacher und schmaler. Solche Gürtel wurden von Germanen in röm Diensten (Laeten/Foederaten) getragen. Es gibt aber auch diverse Fundorte in der Germania Magna. Böhme ging 1974 noch davon aus, dass rechtsrheinisch nur im Norden lanzettförmige Zungen genutzt wurden, inzwischen haben eine Reihe Funde aus dem alamannischen Raum diese These widerlegt.

[Alternativ-Formen mit unterschiedlichen Zungen auf Anfrage möglich]


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IV_V_005_bz

25 mm Riemen (braun/natur/rot)

montiert 99,00 EUR



Exkurs: Zum Stilempfinden in Spätantike und FMA, Kerbschnitt und Tierstil I - Das Röm Reich wirkte als Leitkultur für benachbarte Völker. Deren Handwerker wurden angeregt röm Formen symbiotisch mit einheimischen Kunstformen zu verbinden. Ein frühes Erzeugnis mag das verzierte Silberblech der röm Scharnierschnalle aus dem Brandgrab 9/1995 in Hagenow, nordöstl der Elbe sein [Details siehe A. Pesch, Gehörnte Pferde, Elitenkommunikation u. synthetische Tradition am Beginn german Bildkunst, in: Neue Studien zur Sachsenforschung II, 2011, S. 9-17 ]. Die Autorin entwirft ein von unserer Zeit deutlich abgehobenes Kunstempfinden, das nicht durch individuelle kreative Neuschöpfungen gekennzeichnet war, sondern allgemein verständliche tradierte Bedeutungsinhalte reproduzierte. Pesch hebt hervor, dass damalige Produzenten und Auftraggeber ein ähnlich geschultes Geschmacksempfinden normativ anerkannt hätten. So war die Orientierung der Eliten an röm Formen und Techniken verbindlich, aus denen sich für uns erkennbar germanische Ableitungen identifizieren lassen. Pressbleche des III. Jhs basieren technisch auf röm Vorbildern, inhaltlich drückt sich germanisches Stilempfinden aus. Röm Objekte der Spätantike, wie Bronzegefäße mit Tierfriesen, Kerbschnittbronzen oder Münzen fanden durch Handel, Beute und Geschenk Verbreitung bis nach Skandinavien und beeinflußten dortiges Handwerk. Im V. Jh wurde Kerbschnitt und der motivisch eng begrenzte Tierstil I, mit seinen abstrahierenden Tierfiguren, angeregt durch naturalistisch anmutende spätröm Tierdarstellungen von Löwen, Hippokampen und Fabelwesen, z.B. auf Gürtelgarnituren, die im Barbaricum durch das Soldwesen Verbreitung fanden. Aus dem plastischen röm Stil wurde ein verflachter german Stil mit seitlich im Profil und im Rahmen angeordneten Tierformen. Doch sollte sich die Motivik nicht auf Tierfiguren allein beschränken, sondern geometrische Muster, Flecht- und Schlingbänder oder florale Elemente wurden genauso aus der röm Kunstwelt übernommen (siehe spätantike röm Mosaike als Anleihe). Das sollte prägend wirken auf den Tierstil II in der 2. Hälfte des VI. Jhs bis zum Ende des VII. Jhs ... [weiter Menghin, Tauschierarbeiten der MWZ, S. 35-64]





Kommende Jahrhunderte - Ausblick

Der Sieg des Christentums – Die schweren inneren Krisen mit Kaisermorden, Usurpationen, Bürgerkriegen, Abspaltung und Reichsteilung, hatte tiefe Spuren im röm Gesellschaftssystem hinterlassen. Regierungszentren befanden sich aufgrund dezentralisierter Staatsverwaltung nicht ausschließlich in Rom, sondern in Mailand, Trier, Arles, Lyon, Ravenna, Antiochia oder Konstantinopel. Jene Orte lagen näher an den Brennpunkten des Geschehens oder waren besser zu verteidigen als die Stadt am Tiber, nach den Plünderungen durch Goten 410 und Vandalen 455 schwer angeschlagen. Denn das Undenkbare war geschehen. Die einst mächtige Stadt, „Leuchte des Erdkreises“ war Barbaren anheim gefallen. Spätantike Autoren wie Zosimus oder Marcellinus warfen der neuen Staatsreligion dem Christentum vor, dass es alte röm Tugenden schwäche und aufweiche. Diese Religion war aus unteren Schichten der Sklaven, Armen und Soldaten aufgestiegen in die Herrschaftsränge des Reiches. Augustinus bemühte sich wortreich um die Verteidigung des neuen Glaubens, als die alte Vielgötterei wegen des Versagens der christlich röm Macht, welche zunehmend weniger Antworten auf die neuen Bedrohungen dieser Zeit fand, Aufwind bekam. Während Rom zu Asche versank, begannen Kirchenväter, wie Salvianus von Marseille, die Idee eines geistigen - vielleicht eher geistlichen – Roms, eine himmlische Stadt ohne Mauern, zu entwerfen. Der Aufstieg des „christlichen Phoenix“, so überlebte die Idee von ROM; und nicht nur die Idee, sondern römisches Machtstreben überhaupt. Senatoren besetzten hohe geistliche Ämter und strebten, allen voran der Bischof von Rom (in Konstantinopel nur als einer von fünf Patriarchen angesehen), erneut zu politischer Macht, nun durch das Christentum. Die schärfste Waffe war der Stilus, bzw Griffel oder Gänsekiel. Damit hatte ROM seine Geschichte geschrieben und die Kirche schrieb sie weiter, von bleibendem Wert. Die Auseinandersetzung von sacerdotium und regnum barbarorum („tumbe“ Germanen) trug den Konflikt der Völkerwanderungszeit ein Jahrtausend lang durch das gesamte Mittelalter ! Gewinner würde der „lachende Dritte“, das Bürgertum der aufstrebenden Städte, sein.

Zur Frage der Kontinuität - Nach den germanischen Eroberungen blieb die offizielle Amts- und Schriftsprache im Westen die gleiche, das Christentum war, trotz aller Anfechtungen, anerkannte Religion, bei den im Osten christianisierten Germanen meist mit arianischer Ausrichtung. Das Gesellschaftssystem sowie das Recht glich man an, das Steuerwesen und der Goldstandard der Währung (solidi, triens, etc) änderten sich nicht – lediglich die Prägungen, der Kaisertitel im Westen verschwand für gewisse Zeit, aber es existierte durchaus ein Kaiser, nämlich in Ostrom, in Konstantinopel, man huldigte ihm, Zeremonien und neue Moden nahmen von dort ihren Ausgang. Armee und Bewaffnung sowie Militärtaktik bieben noch eine Weile bestehen, die spätantike „legio“ von 1000 Mann erwähnt noch Widukind von Corvey im X. Jahrhundert. Alte Machthaber, die Senatoren, verstanden es im Rahmen der Kirchenorganisation als Bischöfe und hohe Geistliche zu überleben, als sie gewahr wurden, dass man ihrer bedurfte, so dass ihre Verhältnisse unangetastet blieben und sie der alten Kultur weiter frönten. Es waren hauptsächlich jene, welche den Gedanken an ROM aufrecht hielten. Durch ihre hohe Bildung, geschult am griechischen Vorbild, transportierten sie unser Bild von ROM durch die Zeiten.

Die Teilung des Imperiums – Bereits seit 395 hatte man die beiden Reichsteile als zwei Verwaltungseinheiten unter zwei Machthabern angesehen, nicht ungewöhnlich, denn ROM kannte seit Kaiser Diocletianus (284-305) mit Praefekturen, Vikariaten, Diözesen regionale Verwaltungsbezirke. War eine der beiden übergeordneten Stellen vakant, wie nach 476 im Westen, sollte der andere Teil von der noch amtierenden Stelle übernommen werden. So sah sich der oström Kaiser legitimiert über beide Hälften als ein Gesamtreich zu herrschen. Demnach müsste es heißen: 753 kroch Rom aus dem Ei und 1453 war es vorbei. Seit den vorchristlichen Anfängen kann man damit von über 2000 Jahren römischer Geschichte sprechen, zuerst mit etruskisch-italischer-griechischer, dann ostmediterraner Prägung! Die Teilreiche West- und Ostrom waren jedoch oft genug eigene Wege gegangen, arbeiteten zum Nutzen ihrer Feinde gegeneinander, wobei man im Osten wohl die besseren diplomatischen und finanziellen Mittel besaß und Westrom mit großer Mühe militärische Stärke aufrecht zu erhalten suchte, was alle Ressourcen verschlang. Aus der Perspektive von Ostrom gingen nach 476 „westliche Provinzen“ an barbarische Militärmächte verloren, blieben ideell jedoch mit dem Reich verbunden, so wurde noch Anf. des VI. Jhs das „gallische Heermeisteramt“ durch den oström Kaiser an den Burgunderherrscher verliehen. Diplomatisch geschickt bemühte man sich um die Einleitung der Rückeroberung des alten Territoriums. Wäre sie geglückt, hätte die Geschichte einen anderen Verlauf genommen.

Oströmer bezeichneten sich selbst in Anspruch römischer Traditionen als „Romäi“. Sie waren also keine Nachfolger, sondern Herrscher in einem existierenden ROM, wenn auch hellenisiert, aber das wurde Westrom einst auch und wäre ohne diese Vorgänge nicht zu seiner Größe aufgestiegen. Die Kontinuität des östlichen Kaisertums ist von den Zeitgenossen nicht angefochten worden. Es gab nach dem Fall im Westen nur einen Kaiser, einen Herrscher der Welt, der saß in Konstantinopel. Der Ostgote Theoderich an Kaiser Anastasios I. (491-518) Anfang des VI. Jhs: „Ihr aber seid die schönste Zierde aller Reiche. Ihr steht dem ganzen Erdkreis zu seinem Heile vor, und zu Recht erkennen die übrigen Herrscher und vor allem wir dies an...Unser Königtum ist ein Abbild Eurer Herrschaft und insofern wir Eurem guten Vorbild folgen, dem einzigen Beispiel für ein Kaiserreich auf Erden, gehen wir den anderen Völkern voran“ [DWFMA, S. 6]. Schwere Stöße sollte das Ostreich durch die Kriege gegen Sassaniden und mit der Expansion islamischer Völker im VII. Jh erfahren. Kaiser Herakleios (610-641) erhob Griechisch, im Osten dominierend, zur Amtssprache. Zugleich legte er den Titel imperator ab und nannte sich fortan offiziell basileus. Durch die mißglückte Rückeroberung des Westens macht es in der Forschung Sinn seitdem nicht mehr von „oströmischer“, sondern von einer „byzantinischen“ Geschichte zu sprechen, aber im Eigenverständnis der Zeitgenossen mag man dies anders gesehen haben!






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Quellen und weiterführende Literatur (Information für oben verwendete Kürzel [fett]):

- Bosl, K.: Europa im Mittelalter (1970), Ausgabe Darmstadt 2005.

- Delbrück, H.: Geschichte der Kriegskunst, Bd. II Die Germanen (1901-21), Nachdruck der Neuausgabe 2008.

- Ilkjaer, J.: Gegner und Verbündete in Nordeuropa während des 1. bis 4. Jhs, in: Norgard-Jorgensen, A. u Clausen B.L. (Hrsg.), Military Aspects of Scandinavian Society in a European Perspective, AD 1-1300, Copenhagen 1997, S. 55 ff.

- Hattler, C.: Erben des Imperiums in Nordafrika. Das Königreich der Vandalen, Ausstellungskatalog Bad. LM Karlsruhe 2009 [DKdVa].

- Springer, T.: Frühgeschichte. Archäolog. Funde von den Römern bis zum MA im GNM, Nürnberg 2014.

- Werdendes Abendland an Rhein und Ruhr. Ausstellungskatalog der Villa Hügel Essen 1956.



VI.-VIII. / IX.-XI. / XI.-XIII. / XIII.-XIV. / XIV. / XV. / XV.-XVI. Jh

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1/ ROM wird bewußt in Großbuchstaben geschrieben, da die Stadt am Tiber wohl Ursprung der Expansionsbestrebungen und damit der späteren Reichsausdehnung war, aber zugleich auch der „Idee von ROM“ und das beinhaltete ja weitaus mehr. Es war die überhebliche Vorstellung ein ausgewähltes Volk zu sein mit weitreichender Vergangenheit und einem ausgesprochenen Geschichtsbewußtsein durch hohe Schriftlichkeit, höchst effiziente Gesellschafts- und Wirtschaftsformen zu besitzen und überlegene administrative und militärische Strukturen, prädestiniert zu den „Herren der Welt“ mit der Unvereinbarkeit der Vorstellung von diesem Thron hinabsteigen zu müssen...



2/ Übernommen und erhalten wurde es vornehmlich von denjenigen, die davon profitierten. Wie im Röm Reich die Masse besteuert und die soziale Elite privilegiert wurde, änderte sich in der Folge an diesem System nichts, die Kirche sorgte für die moralische Rechtfertigung, spendete mit dem üblichen „Mummenschanz“ [Deschner] den Nicht-Privilegierten Trost und verwies auf das Jenseits, um jene gefügig zu halten. Vor der Übernahme des römischen soll das germanische Gesellschaftssystem freier und offener gewesen sein. Ob das eine romantische Verklärung ist oder auf historischen Tatsachen beruht, sei dahin gestellt. „Germanen“ werden hier thematisiert und es mag Probleme der Annäherung geben. Aber es öffnet sich ein eleganter Weg, indem man dem Begriff keine ethnische Zuweisung gibt, „Germanen“ also nicht als ein Volk ansieht, sondern als „archäologische Kultur“, wie dies durch Gemeinsamkeiten in Artefakten und Sitten für bestimmte Räume z.B. für „Rhein/Weser“ oder „Elbe“ gebräuchlich ist. Nach D. Berenger (2000) ist es durch die archäologische Gleichförmigkeit der „Rhein/Weser-Kultur“ unmöglich die germanischen Stämme, welche Tacitus in seiner „Germania“ explizit nennt, voneinander zu scheiden. Der Althistoriker Mischa Meier merkte an, dass „Völker“ grundsätzlich höchst instabile Gebilde sind, die ständig Veränderungen unterliegen, politisch motiviert und durch komplexe Prozesse Identitäten bildend. In den 1970er Jahren wurde deutlich formuliert: „Germanentum und Deutschtum sind nicht identisch“ [Gebhardt, Handbuch der dt Geschichte, Bd. II, S. 14]. Die unerlaubte Gleichsetzung entsprang nationalen Ideen des XIX. Jhs, erfuhr im Kaiserreich nach 1871 eine Überhöhung und der Nationalsozialismus setzte dies fort. So mögen aus den zahlreichen Neuauflagen der Dt Vorgeschichte (1911/12) von G. Kossina (gest. 1931) Zeichnungen und Abbildungen interessant sein, den wortgewaltigen Text aber gilt es selbstverständlich zu hinterfragen. Die von ihm vorgenommene Gleichsetzung von Völkern mit Kulturräumen anhand von archäologischen Funden wird heute verworfen. Die moderne Archäologie sucht nicht mehr nach vermeintlichen Siedlungsgebieten, sondern sieht in Verbreitungsmustern von Funden eher Hinweise auf soziale Komponenten von Individuen, deren Abhängigkeiten im sozialen Gefüge oder Hinweise auf Mobilität. Ähnlich soll auf diesen Seiten die private Forschung hinsichtlich der Gefolgschaften betrachtet werden, um Aussagen über Ausrüstung und Gürtelteile zu machen. Für die Beschäftigung mit der römischen Kaiserzeit (RKZ) aus der Sicht der Germania Magna, jenseits der Grenzen des Imperiums ist die Publikation zur Ausstellung SAXONES in Hannover und Braunschweig 2019 sehr anschaulich, obwohl hier der Aspekt des „Netzwerks“ sozialer Eliten im „Barbaricum“ m.E. aus verständlich moderner Sichtweise etwas überstrapaziert wird. Die „Netzwerker“ der germanischen Oberschicht waren sich untereinander oft wenig einig und im „Netz gewisser Abhängigkeiten“ wird man erkennen müssen, dass alle gemeinsam „auf die Spinne“ im Zentrum blickten, nämlich ROM. Deutlicher Hinweis ist der Austausch von Statussymbolen über Stammesgrenzen hinweg indem röm Objekte weit nach Osten „wanderten“. Es wurden Begehrlichkeiten geschaffen, auch bei Stämmen, die keinen direkten Umgang mit Römern pflegten. Autoren, wie Jörg Jarnut fordern eine radikale Neuorientierung althergebrachter Anschauungen [siehe: Germanisch. Plädoyer für die Abschaffung eines obsoleten Zentralbegriffs der Frühmittelalterforschung, in: Walter Pohl (Hrsg.), Die Suche nach den Ursprüngen].

Nebenbei soll bemerkt werden, dass die Bedeutung der 12 Jahre nationalsozialistischer Terror-Herrschaft bis in unseren heutigen Alltag eine schwere Bürde ist, die noch einigen Generationen immer neue Erklärungs- und Deutungsmuster abverlangen wird. Aber Geschichte ist nicht von hinten nach vorne zu betrachten. Unsere zeitlich weit entfernten Vorfahren, auf die hier „ein Licht geworfen wird“ haben nichts zur Entstehung des Nationalsozialismus beigetragen, es gibt keine direkte Entwicklungslinie dahin, keinen Automatismus [Schuld an dessen Aufstieg trägt das totale Versagen der sozialen Eliten, welche den I.WK verursachten, so dass sich geschundene und psychisch deformierte Frontkämpfer - ehem. unbescholtene Bürger (!), die zum Dienst an der Waffe gezwungen wurden - den Weg aus dem Schlamm der Gräben mit Hilfe „nationaler Kräfte“ zu den Spitzen der Macht bahnten]. Die „Pest des Nationalismus“ ist bis heute außerordentlich wirksam ! So wird Vergangenheitsforschung immer wieder instrumentalisiert im Dienst der Politik oder Wirtschaft oder oder...auch diese Seiten hier haben ja eine merkantile Grundlage...



3/ Das Heer der Republik bestand zunächst aus einberufenen Milizen. Das Berufsheer des Marius (157-86vC) galt seit dem Bürgerkrieg als kritischer Faktor für die politische Stabilität im röm Staat. Mit der Anerkennung Octavians (63vC-14AD) zum „Augustus“ 27vC war die Armee Garant der Macht, denn Octavian hatte seine Kontrahenten nur mit Hilfe des Militärs niederringen können. Kein Kaiser sollte zukünftig herrschen ohne Zustimmung der Armee. So war es wichtig das Militär mit Grenzsicherung, Ausbau der Infrastruktur in den Provinzen und immer neuen Feldzügen zu beschäftigen, damit sich seine Ambitionen nicht ins Innere des Staates richten konnte. Jeder Herrscherwechsel bedeutete Unruhe und Unsicherheit, falls es dem Heer gefiel den eigenen Kommandeur zum Gegenherrscher auszurufen. Es gab Jahre mit bis zu vier gleichzeitigen „Kaiser-Usurpatoren“. Truppenmassierungen sollten für röm Machthaber kritisch sein und man versuchte möglichst die Legionen auseinander zu ziehen, was aber durch die großen Feldzüge an Rhein und Donau oder Euphrat und Tigris nur bedingt gelang - Krisenpunkte verlangten Truppenkonzentrationen. Seit spätrepublikanischen Zeiten hatte die Armee eine multi-ethnische Zusammensetzung, wobei die Zuordnung nach Truppen der socii, Bundesgenossen und Hilfstruppen/Auxilien zu den eigentlichen Legionen lange Zeit klar getrennt war. Doch in der Spätantike lösten sich diese Strukturen auf, so dass barbarische Kontingente, die unter ihren Befehlshabern kämpften und kostengünstiger für den röm Staat waren als eigene Truppen, immer stärkeres Gewicht in der Reichsverteidigung bekamen.



4/ In der Spätantike wurden mit Verbreitung des Christentums als Staatsreligion zahlreiche Tempel, Thermen und Basiliken zu Kirchen umgestaltet. Im Zuge der Barbareneinfälle vom III. bis zum V. Jh dienten viele Monumente als Materialquelle, verbauten gefährdete Provinzen Spolien, wie Grab- und Weihesteine in Stadtbefestigungen, so in Mainz nach 250 AD oder verkleinerte Sicherungsareale und die Tore. In Gebieten, welche sich im Besitz germanischer Eroberer befanden, wie in Nordafrika, richtete man Keramikmanufakturen in ehemaligen Badeanstalten ein oder betrieb in ihnen Kalkbrennöfen. Nach der Rückeroberung sicherte Ostrom im VI. Jh nordafrikanische Städte gegen Berber- und Maureneinfälle u.a. durch die Befestigung von Foren oder Theatern, die vorher zur Freizeitunterhaltung von „romanisierten Vandalen“ besucht worden waren. Der ehemalige provinzialrömische Statthalterpalast in CCAA (Köln) blieb nach der Übernahme durch ripuarische Franken ihr Herrschaftssitz. Steinerne Bauelemente besserte man durch Holzkonstruktionen aus. Die spätantike Stadtlandschaft veränderte ihr Antlitz, war in Grundzügen aber noch vorhanden, wenn auch auf konzentrierte und verkleinerte Areale. Der Bischof von Konstanz richtete um 600 seinen Amtssitz auf dem „Münsterhügel“ in den noch erhaltenen röm Anlagen ein, eine ummauerte repräsentative Bischofsburg. Für das Münster nutzte man die Fundamente der röm Kastellmauer. Nicht selten bildeten in den Städten stabile unterirdische röm Relikte die Grundlage für himmelwärts strebende mittelalterliche Bauprojekte.



5/ Die folgenden Begrifflichkeiten mögen hinsichtlich der Entwicklung im MA bekannt vorkommen: Nach den Reformen der beiden Herrscher beruhte seit dem IV. Jh die größten Einnahme des Staates auf der Grundsteuer des landwirtschaftlichen Besitzes, hinzu kam die Kopfsteuer, die alle 15 Jahre nach dem Steuerkataster neu geschätzt wurde. Auch indirekte Steuern und Zölle füllten die Kassen. Dazu kamen persönliche Hand- und Spanndienste bei Großbauten, die Herbergs-, Quartier- und Versorgungspflicht für reisende Beamte oder die Armee, die Stellung von Zugtieren für die Post, uvam. Nur die Mittel- und Unterschicht wurden für diese Leistungen herangezogen. Senatoren, Großgrundbesitzer und die „junge Kirche“ waren von diesen Lasten befreit! Dafür leisteten jene ehrenamtliche Dienste in der Verwaltung, hafteten mit ihrem Privatvermögen für Schwächen der Amtsführung [...sollte man mal wieder einführen...] oder für die Aufbringung des Steuersolls und zahlten die Reststeuerschuld aus ihrem Vermögen. Um eine Ämterflucht zu verhindern wurde die städtische Verwaltung, neben anderen Dienstpflichten, zum erblichen Frondienst für den „Bürger“ als Stadteinwohner. Auch Staatsdiener und Soldaten wurden erblich an ihren Beruf gebunden ! Viele Großunternehmen, wie Bergwerke, Waffenfabriken, Tuchwebereien, Brennöfen, Münzstätten, etc befanden sich in Staatshand, somit waren die Beschäftigten zwangsverpflichtet und hatten keine freie Berufswahl. Es entstand ein staatliches Zunftwesen und eine statische Gesellschaftsordnung von strengen „Kasten“, ohne Dynamik, ohne soziale Mobilität oder Aufstieg. Die Privatinitiative in der Wirtschaft erlag, so dass der Staat wiederum als Hauptabnehmer, vor allem durch die Armee, einspringen musste. Handel und Geldwirtschaft gingen zurück, zunehmende Naturalwirtschaft erzwang die Steigerung landwirtschaftlicher Produktion. Aber auf dem Land herrschte ein Mangel an Arbeitskräften, da Jahrhunderte lang Sklaven diese Dienste verrichtet hatten und der „Nachschub“ mangels Siege ausblieb. Das freie Kleinbauerntum verfiel stetig, einher ging die Monopolisierung durch senatorische Großgrundbesitzer, die aufgekauftes Land verpachteten. Der nun abhängige Bauer wurde durch Erbpacht an seine Scholle gebunden, damit der Boden nicht brach fiel und die Grundsteuer, als Hauptsteuer des Staates, erbracht werden konnte. Der Bauer galt als unveränderliches Zubehör von Hof und Gut, ein Vorbild für die mittelalterliche Grundherrschaft. Ganze Landstriche lagen durch die Bürgerkriege, Flucht und sinkende Zahlen der Landbevölkerung wüst. Freigelassene und ehem. Kriegsgefangene („Laeten) wurden seit Beginn des IV. Jhs dort heimisch gemacht. Sie beseitigten Kriegsschäden, betrieben in speziellen Militärsiedlungen Landwirtschaft und waren der Wehrpflicht unterworfen. Barbarischen Fürsten wurde vertraglich Grenzland angeboten, im Gegenzug für die Verteidigung dieser Räume, wie im Fall der Franken in Toxandrien oder Goten in Dakien auf dem östl. Balkan oder in Aquitanien. Durch die Vergabe von Land an solche Foederaten entfielen dem Staat die Steuereinnahmen der einstigen römischen Grundbesitzer. Durch die fehlenden Gelder konnten Soldaten in röm Diensten nicht mehr besoldet werden, so dass die Reichsverteidigung immer stärker durch selbständige barbarische Kontingente übernommen wurde, die kein Sold, sondern Land zur Eigenbewirtschaftung erhielten. Foederatenverträge sprachen den Barbaren ein Drittel der Einnahmen sowie des Grund und Bodens der jeweiligen besetzten Provinzen zu. Dafür leisteten sie Kriegsdienste. Es war im Endeffekt erheblich günstiger Barbaren auf diese Art und Weise zu entlohnen als röm Soldaten jährlich unter festen Sold zu halten! Den Westgoten wurde bei ihrer Ansiedlung in Aquitanien zugestanden „ihren“ Anteil am Steueraufkommen selbst einzutreiben. Nicht anders handhabten es die großen röm Grundbesitzer durch ihre Privatsoldaten, den buccellarii, mit denen sie auch die niedere Gerichtsbarkeit durchsetzten und, ähnlich wie die angesiedelten Germanen, allmählich eigene Machtzellen im Staat bildeten. In den Provinzen lag das wirtschaftliche, politische und militärische Schwergewicht. Sie wurden beherrscht von immer selbständiger werdenden Grundbesitzern, Statthaltern und Generälen, von barbarischen Heerführern, neudt „Warlords“ oder besser Gefolgschaftsführern, die für Sold und Beute stritten, so dass der Einfluß der zentralen Regierung in den vier grossen Präfekturen schwand. „...bereits in der ausgehenden Antike erwuchs eine feudale Gesellschaftsordnung,“ [Gebhardt, Handbuch der dt Geschichte, Bd. II, S. 14]. Übrige Ausführungen nach Bosl 1970, heute bzgl. der Frage des „Zwangsstaats“ in der Forschung nicht unbestritten, denn verglichen mit der modernen Bürokratisierung waren die Mittel und Möglichkeiten in der Spätantike eher moderat. Die neuere Forschung distanziert sich von solchen Ansichten, demnach sei keine soziale Erstarrung und vor allem kein wirtschaftlicher Niedergang festzustellen, die Produktivität soll im IV. Jh gestiegen sein.



6/ Germanen waren auch umgekehrt bereit Tribute zu entrichten, siehe Prokop Vandalenkrieg III, 4: „ [Geiserich] schloß mit Kaiser Valentinian Frieden, versprach einen jährlichen Tribut zu zahlen und stellte einen seiner Söhne, Hunerich, als Geisel.“ Eine gute Einführung in die Zeit von der Spätantike ins FMA und nicht ohne eine „Prise Exotik gewürzt“ durch das ungewöhnliche Germanenreich rund um Karthago, bietet der lesenswerte Ausstellungskatalog DKdVa, daraus zitiert R. Prien, Archäolog. Migrationsforschung, S. 140 und verknappt S. 100, die Gründe von A. Demandt warum das Westreich wankte: Aufstieg des Christentums mit fatalem Mentalitätswandel, sozialökonomische und naturwissenschaftliche Ursachen (Klimawandel), drückende Steuerlasten, Versagen von Staat und Verwaltung mit allgemeiner Dekadenz bei dem Verfall der eigenen Wehrhaftigkeit gegenüber einem gesteigerten Kampfpotential auf barbarischer Seite. Empfehlenswert auch der Artikel von H. Wolfram, Kontinuität und Diskontinuität am Übergang von der Spätantike zum FMA, in: Attila und die Hunnen. Ausstellungskatalog des Hist. Museums der Pfalz Speyer 2007, S. 149-153.



7/ Bzgl des Rheinübergangs wird spekuliert inwieweit dieser Zug ins Ungewisse aus der Not heraus geboren war, mglw durch hunnischen oder alanischen Druck ausgeübt wurde Sueben und Vandalen aus ihren Sitzen verdrängend oder auf „Einladung“ eines lokalen röm Machthabers und Usurpatoren, welcher Barbaren in seine Vorhaben einzubinden gedachte. Für den späteren Pyrenäenübergang in den spanischen Raum ist die Einmischung in innerröm Auseinandersetzungen durch Prokop bezeugt. Die Zentralverwaltung in Rom wollte germanische Eindringlinge aus Spanien vertreiben und zwang die Westgoten, welche sich bereits auf röm Territorium befanden, durch Abschnürung der Nahrungslieferung zum Kampf gegen die eingedrungenen Alanen, Vandalen und Sueben. Für ihre Dienste erhielten die Westgoten als Dank den begehrten Foederatenvertrag und Siedelgebiete in Südwestfrankreich. Trotz hoher Verluste konnten sich die Vandalen zunächst in Spanien halten, doch scheinbar war der erneute Ruf eines röm Regionalmachthabers für sie der Grund die riskante Überfahrt nach Nordafrika zu wagen. Sie kamen, sahen (die Reichtümer) und blieben. Stück für Stück eigneten sie sich bis 439 die ehemalig reichen röm Provinzen an und errichteten ihr neues Staats- und Gesellschaftssystem nach Umverteilung der Eigentumsverhältnisse, nicht ohne skrupellose Mißhandlungen der ehemaligen röm Besitzer, sofern jene nicht zur Zusammenarbeit bereit waren, zumal jene der gegnerischen kathol. Religionsrichtung angehörten, was Vandalen die „schlechte Presse“ bescherte. Kurzzeitig fanden sie notgedrungen Anerkennung durch die röm Regierung. Mit Verschlechterung der Beziehung kam es 455, angeblich wieder auf Ruf und Bitte, zur Einmischung in innerröm Zwistigkeiten und Plünderung Roms. In der Folgezeit praktizierten Vandalen ausgedehnte Beutezüge per Schiff im Mittelmeer, bald hatten sie durch röm Autoren vollends ihren Ruf bei der Nachwelt weg. Geschickt war auch nicht gerade ihr Umgang mit den Goten. Die Ehe Hunerichs mit der Tochter des Westgotenkönigs wurde unter dem Vorwand gelöst, dass sie versucht haben soll Geiserich zu vergiften. Man schickte sie mit abgeschnittener Nase und abgeschnittenen Ohren zu ihrem Vater zurück! Amalafrieda, die Schwester Theoderichs des Großen, der Anfang des VI. Jhs versuchte german Völker durch Bündnisse gegen Ostrom zu einen, wurde in vandalischer Haft ermordet. Vandalen fügten sich, ähnlich wie die Franken im Norden, nicht dem ostgotischen Bündnissystem. Deshalb rührten die Goten keinen Finger, als Ostrom mit Belisar begann in den 530ern Nordafrika den Vandalen zu entreissen, ganz im Gegenteil sie leisteten oström Truppen Hilfestellung.