I.-V. / VI.-VIII. / IX.-XI. / XI.-XIII. / XIII.-XIV. / XIV. / XV. / XV.-XVI. Jh "ab nach Hause"
DRAGAL
Römische Kaiserzeit (RKZ) I.-V. Jh
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Info: Gürtelformen aus Bronzezeit und Antike I. Jh - „Römische Expansionsphase“ |
IV. Jh - „Starke Gegner an allen Fronten“ V. Jh - „Das Ringen um Bestand“ Gürtelrekonstruktionen IV.-V. Jh |
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- Germanischer Limes im Winter 406/07 – Verbände der Sueben, Vandalen und Alanen überwanden den Rhein im Raum Mainz und drangen plündernd in Gallien vor. Nach dem Mauerbau Mitte des III. Jhs galt die befestigte Stadt, Kommandozentrale für den Mittelrhein, als Bollwerk der röm Grenzverteidigung, sicherte die Brücke und besaß einen Militärhafen. Kurz zuvor hatten nach massiven Einfällen von Alarichs Goten, welche über das Noricum (östliche Alpen) nach Norditalien vorgestoßen waren, viele röm Einheiten aus den Provinzen abgezogen werden müssen, was deren Verteidigung nachhaltig schwächte und östlich des Rheins registriert wurde. Die daraus folgenden Gebietsverluste waren für ROM nicht mehr rückgängig zu machen und es bildeten sich in Gallien, Spanien, später in Nordafrika sowie in Britannien barbarische Herrschaftsbereiche auf weström Territorium[1] - |
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Zur Einführung eine Zeitenwanderung: ...Dichtes Schneetreiben lag über dem Land. Tief eingesunken der gefrorene Boden, heulendes Dunkel, gering die Sicht. Niemand würde sich bei diesem Wetter freiwillig nach draussen wagen...
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ROM, der Urgrund aller Dinge Einleitend werden Grundlagen skizziert, die sich germanische Herrscher auf dem Boden des ehem. Weströmischen Reiches aneigneten. Die Forschung spricht durch die pragmatische Übernahme spätrömischer Elemente von „romano-barbarischen Königreichen“. ROM lieferte die Saat zu der Epoche, die wir als „Mittelalter“ bezeichnen, auch wenn diese Saat erst mit den Karolingern aufblühte. Das lässt sich keineswegs nur an Schriftquellen, Architektur und politischen Zusammenhängen festmachen, sondern - für unsere Betrachtungen wichtiger - auch an der Sachkultur, an archäologischen Funden zur zivilen und militärischen Ausrüstung. Nicht bloß das erneuerte westliche Kaisertum seit 800, sondern der gesamte Überbau des späteren Reichsgedankens eines „imperium sacrum“ war undenkbar ohne seine römische Vergangenheit. In ROM lagen die politischen, wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und militärischen Fundamente der neuen Herrscher. Die Generation von Childerich (-480) bis Chlodwig (-511) wuchs im röm System auf und war damit wohl vertraut. Alle Nachfolger saugten zweckmäßig das Althergebrachte der antiken Welt ein, bedurften der administrativen Kraft des Bestehenden als Grundlage neuer Gesellschaftsformen, verführt und geblendet, ohne zu erkennen, wie sehr diese Leitbilder in ihren Formen erstarrt, kaum überlebensfähig, aus der Not heraus geboren oder veraltet waren.[2] Es wurde keineswegs ein Erfolgsmodell vererbt, sondern es war die dürftige Fortführung einer Kultur, die sich eigentlich selbst überlebt hatte, aus enormen Zwängen heraus agierte, durch Kopisten, welche von den röm Errungenschaften beeindruckt waren. Sie leiteten ihre eigene Herrschaftslegitimation davon ab und griffen immer wieder darauf zurück, suchten sie mit ihren Mitteln zu erhalten. Man bemühte sich um Kontinuität und auch aus Alltagsgegenständen lugte Römisches hervor als Ergebnis der Kopiervorgänge. Nach einigen gesellschaftlichen Zäsuren wurden im spätmittelalterlichen Italien die Stimmen lauter, welche die verlorene Pracht in Relikten ständig vor Augen, röm-italische Macht wieder herbeisehnten, der „barbarischen Herrschaft überdrüssig“. Man postulierte eine neue „Wiederbelebung der Antike“ und sah sich, wie die venezianische Adelsrepublik, als das „Neue Rom“ selbst an. Erstmalig wurde ein mittleres Alter als trennendes Dazwischen formuliert und abfällig qualifiziert. Bis dahin allerdings erfolgten zahlreiche Kopie des Althergebrachtem durch eben jene Barbaren, siehe auf der erste Seite: Übergang Spätantike ins FMA. Die Vorgänge der Völkerwanderungszeit (VWZ) werden von der modernen Forschung mit dem „sicheren Abstand“ von Jahrhunderten als „Transformationsprozesse“ bezeichnet. Es scheint zutreffend...aber wie fühlte man sich vor 1500 Jahren...? Germanen, welche im V. Jh die Herrschaft in Westeuropa übernahmen, sorgten für eine Umverteilung von Grund und Boden, blieben aber gegenüber der ortsansässigen romanischen Bevölkerung in der Minderzahl, stellten also lediglich die neue Herrenschicht, unweigerlich einer Romanisierung ausgesetzt, aber auch bewusst herbei geführt, wie oben skizziert. Der burgund. Herrscher Chilperich I. pries Anfang des VI. Jhs röm Tradition und Ordnung unter seiner Herrschaft im Streitgespräch gegenüber dem Abt von Condat, was der Kirchenmann aber als nicht rechtmässig, dem Untergang geweiht, verurteilte. Mit der Neu-Belebung des „westlichen Kaisertums“ unter den Karolingern musste man sich um Legitimität aus der röm Vergangenheit heraus bemühen, suchte aber nun zugleich nach eigener auf germanischen Wurzeln beruhender Identität. Alle Herrscher erhielten ihre Legitimation durch Rückbesinnung und Anknüpfung an bereits Bestehendem, möglichst mit familiären Ursprüngen in mythischen Gefilden. Herrschaft basierte auf Recht, Glauben und Religion.
Nach der Niederlage 9 AD dachte Augustus keineswegs daran Germanien aufzugeben und es wurden noch einige Feldzüge darum geführt, die Elbe sollte als Grenze gehalten werden, schließlich waren die zivilisatorischen Prozesse an Rhein, Main, Donau sowie auch an der Lahn (Waldgirmes) im vollen Gange. Rohstoffe [siehe Bronze und Messing von der Spätantike zum FMA] wurden rechts des Rheins gewonnen und man besass strategisch günstige Positionen an der Lippe und Werra (Hedemünden), welche aber nicht gehalten werden konnten. Das Misstrauen des umstrittenen Kaisernachfolgers Tiberius in den Truppenkommandeur aufgrund der versammelten Heeresmasse von acht Legionen in Germanien war zu groß, so dass weitere Operationen eingestellt wurden! Wieviel Wert hatte man diesen bewaldeten Hügeln, den Mooren und Sümpfen beizumessen? Welche Schätze hielt dieses unwirtliche Land noch bereit, welche Profite würde es abwerfen? Lohnte es sich weiteres röm Blut zu vergiessen und gar den eigenen Thron zu gefährden? ROM zog sich zurück, sicherte die Grenzen an Rhein und Donau im Vorfeld durch polit. Maßnahmen, um diplomatisch Kontrolle über den Raum zu behalten, dank wirtschaftlicher und kultureller Überlegenheit. Im dreckigen Spiel um Macht und noch mehr Macht nutzten german. Fürsten Bündnisse mit ROM, um gegen unliebsame Rivalen vorzugehen. Die „barbarische Oberschicht“ wurde bezahlt oder erhielt kostbare Geschenke als Klientel auf Gnaden ROMs mit Geiselstellung der german Fürstenkinder und deren Erziehung am Kaiserhof sowie Verleihung des Bürgerrechts - wie musste sich ein Germane auf das Forum Romanum „verfrachtet“ fühlen? In den folgenden Jahrhunderten drückte sich die Überlegenheit ROMs augenfällig durch seine imposante steinerne Architektur aus. Auch wenn äußere Formen der gewaltigen Städte, Häfen, Brücken und des Straßennetzes, den Handwerker- und Handelsorten sowie großen landwirtschaftlich genutzten Gebäudekomplexen letztlich starken Veränderungen unterlagen, waren jene kolossale Hinterlassenschaften doch lange weithin sichtbare Zeugen, vielfach umgebaut und umfunktioniert.[4]
„Die Götter sind auf der Seite des Stärkeren“ [Tacitus] Bannkreise der Macht - Von aussen betrachtet muß ROM vielen wie ein gefräßiges Ungeheuer vorgekommen sein, das sich auf Kosten seiner Anrainer bereicherte. So wuchsen und wachsen „Imperien“ mit Raub, Mord, Plünderung, Vergewaltigung, Deportation und Versklavung, mit allem was Menschen einander antun in überlegener Haltung gegenüber einem vermeintlichen „Untermenschen“ - keine Fanfaren – kein Tusch ! Das Recht des Siegers ! ROM besaß einen hohen Integrationsfaktor und innerhalb solcher Systeme ist man Teilhaber und Nutznießer. Die Regierungsform spielt dabei keine Rolle. Auch Demokratien gebärden sich nicht unbedingt menschenfreundlicher, betrachtet man z.B. Hegemonie und Machterhaltung Athens im Attisch-Delischen Seebund des V. JhsvC. Jedes Ausscheren seiner Mitglieder wurde unterdrückt. Despotisch verhielten sich koloniale Mächte der Neuzeit, auch unser heutiges Gebaren ist bedenklich, seit der globale Krieg um Ressourcen bereits über 100 Jahre im Nahen Osten währt durch das imperialistische Bestreben westlicher Mächte, dem Erdöl geschuldet. Jeder unterstützt diese Machenschaften, auch der „Stromtanker“ nutzt Plastik und Erdölprodukte. Im „Hier und Jetzt“ gibt es keine neutrale moralische Instanz, jedes Tun wird durch den Herrschenden, den Überlegenen, den Stärkeren seine moralische Rechtfertigung finden. So behalten die Worte des Schweizers Jacob Burckhardt ihre Gültigkeit: „...in einem tiefen Mißtrauen in die bewegenden Kräfte (der Geschichte)...“, wie Kurt Köster in seiner Huizinga-Ausgabe „Herbst des Mittelalters“ von 1965 voran schrieb [HdM, S. IX]. |
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III. Jh – „Das Reich in der Krise“ Zur Einführung eine Zeitenwanderung: ...Es war schon spät und Sunnas Strahlen stachen nicht mehr durch das fahle Gewölk. Windstöße trieben kühl in den Rücken, trockneten den Schweiss im Nacken... |
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Durch einen spürbaren Mangel an röm Rekruten ermunterten röm Caesaren Barbaren einzeln oder in Gefolgschaften, vertraglich gebunden oder notfalls gezwungen Dienst in der röm Armee zu nehmen, welche damit detaillierte Einblicke in röm Armeestrukturen und Ausrüstung gewannen. Die Ausweitung des röm Bürgerrechts 212 AD unter Kaiser Caracalla (211-217), was u.a. dazu diente das Steueraufkommen des Staates zu erhöhen, schuf darüber hinaus für Aussenstehende Anreize Auskommen, Karriere und Verdienst in der röm Armee zu suchen. Bereits seit geraumer Weile erhielten Auxiliare der Hilfstruppen nach Ableistung ihrer 25 Dienstjahre das röm Bürgerrecht, was auch für deren Ehefrauen und die Nachkommen galt. Das hob in der röm Kaiserzeit bei vielen Provinzbewohnern den sozialen Status. |
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Caracalla wähnte sich in den Fußstapfen Alexanders d Gr, als er siegreich gegen die Parther vorging und deren Reich den Todesstoß versetzte, so dass sich weit im Osten ein weitaus gefährlicherer Gegner mit den Sassaniden formieren konnte, welche das Röm Reich massiv unter Druck setzten. Caracalla bezahlte den Feldzug mit seinem Leben und zukünftig sollten Sieg oder Niederlage im Osten über die Herrschaft eines Kaisers richten. Innere Krisen mit katastrophalen Bürgerkriegen durch immer neue Usurpatoren und Soldatenkaiser, vom Heer zum Herrscher ausgerufen, entblößten die Grenzen und verlockten im III. Jh barbarische Stämme an Rhein und Donau, die Goten im Schwarzmeerraum sogar mit Beutezügen per Schiff, sich mit Gewalt röm Gebrauchsgüter und Kostbarkeiten anzueignen. Diese Züge hatten Signalwirkung auf Nachahmer, deren Aktionsradien sich deutlich erweiterten, falls ihnen auch auf dem Rückweg, mit Plündergut beladen, keine ernsthafte Gefahren drohten. Erfolgreiche Aktionen bescherten barbarischen Anführern Zulauf, aber auch innerhalb der röm Armeestrukturen bröckelte es und röm Soldaten beteiligten sich an Plünderungen. In solchen Zeit häuften sich Hortfunde auf röm Boden mit vergrabenen Münzschätzen. Schutz versprachen die Städte, welche eiligst befestigt wurden. Vereinzelt gelang es röm Herrschern Exempel zu statuieren durch tiefe Vorstöße und Expeditionen östlich des Rheins, wie es das Schlachtfeld bei Kalefeld in der Nähe von Northeim beweist, auch im Donauraum wurden Feldzüge weit jenseits des Limes geführt. Aber das Imperium zerfiel in Teilreiche, eine Katastrophe folgte der anderen und nur dank der Tatkraft des Kaisers Aurelianus (270-275) gelang es die Einheit wieder herzustellen. Er war auch derjenige, welcher den Bau der imposanten Mauer Roms initiierte, welche von nun ab das Bild der Stadt prägte. Man konnte aber nicht verhindern, dass sich ein Konglomerat von elbgermanischen Sippen in der 2. Hälfte des III. Jhs, die man später als „Alamannen“ bezeichnen sollte, dauerhaft auf röm Territorium festsetzten. Im Donauraum musste man in den 270ern die nördlich gelegene rohstoffreiche Provinz Dacia aufgeben. Eine weitere Zäsur war die Herrschaft des Diocletianus (285-305) mit verschiedenen Reformprogrammen. Ihm gelang es die inneren Unruhen zu beenden und mit umfassenden Militär- und Verwaltungsreformen gegen die Krisen der Zeit, u.a. gegen die galoppierende Inflation, anzugehen. Das Reich wurde in große Diözesen aufgeteilt, von zwei Augusti und zwei Caesares gemeinsam regiert, die „Tetrarchie“, ein Novum in der röm Geschichte. Auch sein Nachfolger Constantin (seit 306 Kaiser, später als „Augustus“ Alleinherrscher bis 337) versuchte den Verfall des Imperiums aufzuhalten, was zur grösseren Verstaatlichung, Bürokratisierung, gewaltigen Steuerzwängen und einer statischen Zwangsgesellschaft führte. In der Forschung wird mit diesen Herrschern die Zeit der „Spätantike“ eingeleitet.[5] Nach ersten Erfahrungen in den 260er Jahren rückte man nun vollends von der linearen Grenzverteidigung ab und schuf ein bewegliches Feldheer (comitatensis) mit starken Kavalleriekontingenten. Teilweise stammte deren Ausrüstung aus dem nomadisch-sarmatischen Milieu, denn es dienten zahlreiche Fremd-Einheiten im Heer. Militärhistorisch war dies folgenreich, siehe nachfolgenden Exkurs. Es verschlang Unsummen und im röm Staat wurde alles auf die Armee ausgerichtet. Hinter den Grenzflüssen Rhein und Maas und den östlichen Donau-Provinzen entstanden tief gestaffelte Verteidigungssysteme. Städte im Hinterland, die aufgrund der Pax Romana seit Jahrhunderten keine Mauern gebraucht hatten, wurden nun befestigt, ebenso Gutshöfe durch vermögende Grundbesitzer, die sich selbst mit einem Gefolge von Privatsoldaten zu umgeben vermochten. Diese umwehrten villae dienten eigentlich zur Versorgung des röm Militärs. Nach der Machtübernahme durch germanische Eroberer sollten sie später den Kern von Adelssitzen und Siedlungen bilden, wie es durch noch heute gebräuchliche Ortsnamenendungen -ville / -wil / -weil / -weiler, siehe rotuvilla = Rottweil, nachweisbar ist. Die Bevölkerung suchte Schutz in den Städten und verließ gefährdete Provinzen, die sich entvölkerten. Wer blieb hatte Unterhalt und Einquartierung des Feldheeres zu erdulden, indem ein Drittel des Wohnraums den Soldaten zur Verfügung stand. Militäransiedlungen wurden von Milizen an strategisch wichtigen Punkten bewacht, im IV. Jh zunehmend durch Germanen im röm Dienst, ablesbar an Beigaben führenden Gräbern mit röm-germanischen Formen und Waffen. Römer bestatteten ohne Waffen. Die fortdauernden Kriege machten weitere Aufnahmen von Germanen in die röm Armee vonnöten, sofern Gelder zur Verfügung standen, ansonsten wurde Land kriegsgefangenen und halbfreien Laeten/Laten zugewiesen, um die Räume zu verteidigen und Plünderer abzuwehren. Germanen profitierten also von den inneren Streitigkeiten im Imperium, nicht nur durch die Beutezüge, sondern auch durch die massive Aufnahme ins röm Heer, das einen steten Verfall der Integrität nach sich zog, bis es in der Schlußphase „rein römische“ Einheiten eigentlich nicht mehr gab. Man wollte Teilhabe an Segnungen und Schutz der röm Zivilisation durch Landzuweisung, Bundesgenossenschaft, Ämterzuteilung in der röm Militärhierarchie, grundsätzlich Anerkennung und Entlohnung für Dienste, die man unter röm Standarten leistete. Im polyethnischen Imperium war eine Integration jederzeit möglich und oft genug erfolgreich vorexerziert. Aber Ende des IV. Jhs sollten alle Dämme brechen als, ausgelöst durch den Vormarsch der Hunnen, große geschlossene germanische Gruppierungen ins Reich eindrangen und dort Jahrzehnte umher zogen, vielen Provinzen manche Kriegsgräuel mit Raub, Plünderungen, Vergewaltigungen, Geiselnahmen zur Lösegelderpressung, Enteignungen, Verwüstungen, Hunger und Seuchen brachten, so wie es früher anderen Völkern ergangen war, wenn sich röm Armeen austobten. Aber ROM hatte ja immer „nur Verteidigungskriege“ geführt, wie sich seine Autoren auszudrücken pflegten... |
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IV. Jh – „Starke Gegner an allen Fronten“ Zur Einführung eine Zeitenwanderung: "...Die Signalhörner hatten auf die Mauer gerufen. Schlaftrunken die meisten, hoch von der Pritsche. Aufregung und Gemurmel im Dunkel, alles stolperte im Raum durcheinander, nur scheinbar, denn es war oft geübt,..." Die Völkerwanderung - was verbinden wir damit? Der abgrundtiefe Fall einer blühenden Hochkultur in finstere Barbarei? Die Machtübernahme von „wilden Horden“, die sich röm Sachgüter gewaltsam aneigneten, gut ausgebaute Infrastruktur westlich des Rheins und südlich der Donau zerstörten, Grund und Boden neu verteilten, um Ackerbau und Viehzucht innerhalb der ehemaligen röm Stadtareale zu betreiben? Waren es die „Dark Ages“, wie sie die Engländer (mangels ausreichender Quellen?) bezeichnen? Sind alle einfallenden Völker als „ungezügelte, kulturlose Wilde“ anzusehen, von mißliebigen röm Quellen so beschrieben, weil es eben „Barbaren“ waren, zu nichts anderem in der Lage, quasi in ihrem „Naturzustand“? Zieht man spätantike Autoren wie Ammianus Marcellinus, Procopius oder Salvianus heran, wurden von den röm Zeitgenossen bereits die Bürgerkriege im Inneren, die Thronusurpationen, der Währungsverfall, Glaubensstreitigkeiten mit sozialen Verwerfungen, Morde und Anschläge als Zeit großer Unsicherheit empfunden bis hin zum persönlichen Martyrium.
Für röm Provinziale (Romanen) mag es im IV. und V. Jh schwierig gewesen sein rein äusserlich Germanen als Eroberer in habitu barbaro von Germanen im röm Dienst zu unterscheiden, denn „Soldat“ und „Barbar“ wurden eins, selbst in höchsten militärischen Rängen! Der röm Soldat war schon lange von dem landläufigen Bild eines Schienenpanzer tragenden miles der frühen Kaiserzeit entfernt. Man trug nun, wie vorher nur in den auxilia, als leicht Bewaffneter Tunica und Filzkappe, Hosen und Wadenwickel, der schwer Bewaffnete Kettenpanzer und Helm, Offiziere gegen Ende des IV. Jhs einen breiten Gürtel, der das Tragen des Kettenhemdes erleichterte. Manch germanischer Söldner kehrte nach Ableistung der Dienstzeit, vertraut mit der Errungenschaften römischer Zivilisation, in rechtsrheinische Gebiete zurück und weist sich heute archäologisch durch röm Relikte im Grab aus. Laeten blieben gezwungenermaßen als Siedler und Milizionäre auf Reichsboden, nutzten für ihre Gräber eigene Areale, getrennt von römischen Provinzialen, erkennbar an den Trachtelementen, wie an den bis 10 cm breiten Offiziersgürteln mit Kerbschnittzier um 400 und an der Waffenbeigabe, darunter in dieser Zeit recht häufig Äxte, Römer bestatteten ohne Waffen. Bei germanischen Frauen fanden sich kleine Bügel- oder Vogelfibeln. Entlang der Loire über die Champagne bis nach Burgund zieht sich die Südgrenze der Funde, was sich mit den frühen german Siedelräumen in Gallien deckt. Konzentrationen fanden sich im fränk. Toxandrien und später im Maasraum. Germanen übernahmen die Körperbestattung, rechts des Rheins wurde meist verbrannt, bis auch dort veränderte Begräbnissitten einsetzten [beispielhaft fürstl. Frauengrab von Haßleben, nördl. Erfurt Ende III. Jh mit röm Importwaren, LitEmpf. siehe Böhme, German Grabfunde des IV. bis V. Jhs zw. unterer Elbe und Loire, 1974]. Neuankömmlinge auf Reichsterritorium assimilierten die röm Kultur, wollten in vielen Dingen Römer sein, akzeptiert werden, wie manche vor ihnen, bewirkten aber auch eine „Barbarisierung“ vornehmlich des röm Militärs. Kaiser Theodosius (379-395) erließ scharfe Kleiderordnungen, um die röm Eliten von dieser Entwicklung abzuschirmen. Nördliche röm Provinzen zeigten eine Aufnahme regionaler Gottheiten, siehe Matronenkult. Die Bestattete in Rommersheim Grab 6 bekam für ihre Jenseitsreise ein in röm Technik gefertigtes gewundenes Trinkhorn aus grünem Waldglas mit, heute im Landes-Museum Mainz, ältere Formen auch aus Köln bekannt. Viele Artefakte der Spätantike verdeutlichen die bloße Übernahme, manche aber auch eine röm-germanische Synthese, prägend für kommende Jahrhunderte. |
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V. Jh – „Das Ringen um Bestand“ Hieronymus um 400 AD: „Mich schaudert in der Seele, wenn ich an den Niedergang unserer Zeit denke. Zwanzig und mehr Jahre sind es nun her, seit von Konstantinopel bis zu den Julischen Alpen täglich römisches Blut vergossen wird...Kirchen wurden zerstört, Altäre Christi zu Pferdeställen gemacht, die Gebeine der Märtyrer aus den Gräbern gerissen. Grausamer Jammer nur überall, Schrecken und Tod in vieler Gestalt... Das Römische Weltreich stürzt...“ |
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Gotischen Sippen, das Reich um Schutz ersuchend, war auf der Flucht vor den Hunnen in der 2. Hälfte der 370er der Übergang an der unteren Donau auf oström Territorium erlaubt worden. Jene galten nicht als Fremde, sondern waren nach einigen Auseinandersetzungen nun offiziell Verbündete ROMs. Allerdings führte das Unvermögen und die mangelnde Bereitschaft regionaler Provinzverwalter Zehntausende dieser Flüchtlinge aufzunehmen zu Verbitterung auf Seiten der Neuankömmlinge. Es folgte der Aufruhr und 378 die röm Niederlage bei Adrianopel, zwei Drittel des östl. Bewegungsheeres auslöschend, Plünderungen oström Städte und über viele Jahre zu marodierenden Flüchtlingstrecks, die sich auf das westliche Reichsgebiet verlagerten, was in der Eroberung Westroms 410 durch Alarich gipfelte, nachdem ihm Anerkennung und Versorgung durch den Kaiser versagt blieb, LitEmpf. M. Kulikowski, Die Goten vor Rom, 2017. |
...nach dem Überfall [TW Attila] |
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Auch wenn die Kaiserresidenz inzwischen in Ravenna lag, war die Plünderung der ewigen Stadt, Bezwingerin und Herrin des orbis terrarum einem Erdbeben vergleichbar das Westreich bis in alle Fugen der inzwischen überwiegend christlichen Gesellschaft erschütternd: „Wie konnte Gott dies zulassen?“. Schwierige Frage, die Goten waren Christen, arianische Christen. War der katholische Glauben der falsche? Fünf Jahrzehnte später wurde die Plünderung wiederholt durch Vandalen, inzwischen auch arianische Christen, welche einen der unglaublichsten Züge der Völkerwanderung hinter sich gebracht hatten, nach ihrem Rheinübergang im Winter 406/07 und langem Weg über Gallien und Spanien bis nach Nordafrika. Für viele Jahre war kaum eine Provinz ausgenommen von Plünderungen und Überfällen, auch weit von der Grenze entfernt, denn das vorzügliche röm Straßensystem ermöglichte schnelle und weitreichende Manöver auszuführen.[7] |
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Anf. des V. Jhs zwangen plündernde barbarische Verbände in Italien den röm Heermeister (magister militum) Stilicho die Truppenpräsenz in den Provinzen auszudünnen. Eingangs wurde der Abzug von Einheiten erwähnt, was den Zusammenbruch der Rheinverteidigung zur Folge hatte, so dass schwere Einbrüche erfolgten, wie 406/07 bei Mainz. In Folge gelang es Sueben und Westgoten sich Teile Galliens und Spaniens anzueignen, das brachte den Rückzug der politischen Macht ROMs in diesen Provinzen mit sich und damit ein Ausfall der Steuereinnahmen. In Spanien hatte sich in friedlichen Jahrhunderten eine florierende Wirtschaft entwickeln können, hinzu gab es unverzichtbare Rohstoffvorkommen. Vandalen unter Geiserich brachten mit Nordafrika die „Kornkammer Westroms“ unter ihre Kontrolle, so dass die Ernährung der stadtröm Bevölkerung nicht mehr sicher gestellt und Italiens Küste von Angriffen bedroht war. In den Provinzen gärte es und es kam zu Rebellionen, wie im Nordwesten Galliens als entlaufene Sklaven, Armeedeserteure und in den Ruin getriebene gallische Bauern, die Bagauden (kelt. „die Streitbaren“), welche nicht mehr gewillt waren die drückende Last des röm Steuerwesens zu ertragen, bereits begannen eigene Münzen zu prägen, ein sicheres Zeichen für Eigenständigkeit. Der röm Staat wurde wirtschaftlich stranguliert. Hunnische Verbände mit Germanen in ihrem Gefolge drangsalierten den Donauraum, um Tribute aus Ostrom zu erpressen, wandten sich dann unter Attila nach Westen und plünderten Nordgallien und Norditalien. Aetius, Mitte des V. Jhs amtierender Heermeister (magister militum per Gallias), gelang es nur mit Hilfe westgermanischer Kontingente die Hunnengefahr zu bannen. Nach seiner Ermordung stand das weströmische Heer quasi vor der Auflösung, denn die Armee war es gewohnt ausschließlich romano-barbarischen Heermeistern zu folgen und nicht einem Kaiser, hinzu war nach dem Verlust ganzer Provinzen, breitflächigen Verwüstungen und damit verbundenen Steuerausfällen die Finanzierung nicht mehr sicher gestellt. Das entzog dem röm Militärstaat die Grundlagen. Das System kollabierte. Mit dem Auflösen der übergeordneten röm Provinzialadministration mussten Städte sich auf ihre eigenständige kommunale Selbstverwaltung zurück ziehen. In christlichen Gemeinden übernahmen hohe kirchliche Würdenträger, wie Bischöfe, weltliche Aufgaben. Salvianus klagte um 430: „Schauspielvorführungen gibt es jetzt keine mehr...Man spielt nicht in der Stadt Mainz – sie ist verwüstet und zerstört; man spielt nicht in Köln – es ist voll von Feinden; man spielt nicht in der wunderschönen Stadt Trier – sie liegt viermal zerstört am Boden; man spielt schließlich nicht mehr in den meisten Städten Galliens und Spaniens...“ |
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IV - V |
Gürtelrekonstruktionen IV.-V. Jh {im Aufbau} Gürtel spielen in der archäologischen Forschung im Übergang Spätantike-FMA als aussagekräftige Fundgattung eine erhebliche Rolle. Bis in die ersten Jahrzehnte des V. Jhs sind Gürtel der römischen Militärausrüstung mit Kerbschnittzier in german. Männergräbern markant. Längliche Stabilisatoren hielten breite Gurte in Form. Mit einem Riemenschieber wurde die verzierte Zunge zur Seite geführt. Gegen Mitte und in der 2. Hälfte des V. Jhs finden sich in Männer- und Frauengräbern einfache auf die Schnalle hin „reduzierte“ Exemplare, manchmal mit Tierkopfenden am Schnallenbügel, vielfach auch schlichte Eisenschnallen und Wende zum VI. Jh materialstarke bronzene Varianten mit Kolben- und Schilddorn [siehe Gürtel frühe MWZ V.-VI. Jh]. Durch die Reduzierung auf die Schnalle wird es schwer eine Aussage über Gürtelbreiten zu treffen, wenn das Leder vergangen ist, da Stabilisierungen oder Zieren in diesen Fällen fehlen. Ohne Riemenzunge und ohne Kenntnis der Fundsituation (Befund), also Lage im Grab, ist auch die Gürtellänge nicht zu bestimmen. eis = Eisen, bz = Bronze, ws = Weißmetallüberzug, FrGr = Frauengrab, FO = Fundort. Zu den Kategorien A-E im Detail: Gesellschaftsstrukturen des FMAs. |
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--- „Italia“ / „Gallia“ / „Germania“ u „Raetia“ an Mosel-Rhein-Donau
[auf dem Bild rechts Blech noch nicht vernietet]
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Spätröm „Bogenschnalle“ seit dem IV. Jh mit überregionaler Verbreitung von Gallien, entlang der Rheingrenze bis nach Norditalien und in den Osten. Funde z.B. in Chalons, Krefeld-Gellep, Bonn, Andernach oder Kempten. Germanische Ausführungen im alamann.-baiuwar. Raum lassen sich bis ins VI./VII. Jh nachweisen oft mit leichten Riefenverzierungen oder massiv in Eisen gefertigt, teilweise mit Tauschierungen, siehe bsplw München-Aubing. Im XV. Jh sollten „hohe“ Bogenschnallen mit weitem Durchlaß wieder aufgenommen und vor allem bei Houppelande-Gürteln beliebt werden. Somit haben wir einen schönen „Bogenschlag“ vom Anfang bis zum Ende des Betrachtungszeitraums. |
- IV-V_010_bz 25 mm Riemen (braun/natur/rot) Zungen hierzu sind nicht nachweisbar montiert 55,00 EUR
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-- Raum Elbe, Weser, Lippe, Ruhr, Rhein, Maas, Mosel, Neckar und Donau
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Derivat der breiten röm Militärgürtel des IV./V. Jhs mit Schnallenbügel endend in Tierköpfen an der Dornachse. Im Laufe des V. Jhs wurden Gürtel einfacher und schmaler. Solche Gürtel wurden von Germanen in röm Diensten (Laeten/Foederaten) getragen. Es gibt aber auch diverse Fundorte in der Germania Magna. Böhme ging 1974 noch davon aus, dass rechtsrheinisch nur im Norden lanzettförmige Zungen genutzt wurden, inzwischen haben eine Reihe Funde aus dem alamannischen Raum diese These widerlegt. [Alternativ-Formen mit unterschiedlichen Zungen auf Anfrage möglich]
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- IV_V_005_bz 25 mm Riemen (braun/natur/rot) montiert 99,00 EUR
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Exkurs: Zum Stilempfinden in Spätantike und FMA (Kerbschnitt und Tierstil I) - Das Röm Reich war Leitkultur für benachbarte Völker. Deren Handwerker wurden durch röm Formen angeregt symbiotische Verbindungen mit einheimischen Kunstformen zu schaffen. Ein frühes Erzeugnis mag das verzierte Silberblech der röm Scharnierschnalle aus dem Brandgrab 9/1995 in Hagenow, nordöstl der Elbe sein [Details siehe A. Pesch, Gehörnte Pferde, Elitenkommunikation u. synthetische Tradition am Beginn german Bildkunst, in: Neue Studien zur Sachsenforschung II, 2011, S. 9-17 ]. Die Autorin entwirft ein von unserer Zeit deutlich abgehobenes Kunstempfinden, das nicht durch individuelle kreative Neuschöpfungen gekennzeichnet war, sondern allgemein verständliche tradierte Bedeutungsinhalte reproduzierte. Pesch hebt hervor, dass Produzenten und Auftraggeber ein gemeinsam normativ anerkanntes Geschmacksempfinden prägte. So war die Orientierung der Eliten an röm Formen und Techniken verbindlich, aus denen sich für uns erkennbar germanische Ableitungen identifizieren lassen. Pressbleche des III. Jhs basieren technisch auf röm Vorbildern, inhaltlich drückt sich germanisches Stilempfinden aus. Röm Objekte der Spätantike, wie Bronzegefäße mit Tierfriesen, Kerbschnittbronzen oder Münzen fanden durch Handel, Beute und Geschenk Verbreitung bis nach Skandinavien und beeinflußten dortiges Handwerk. Im V. Jh wurde Kerbschnitt und der motivisch eng begrenzte Tierstil I, mit seinen abstrahierenden Tierfiguren, angeregt durch naturalistisch anmutende spätröm Tierdarstellungen von Löwen, Hippokampen und Fabelwesen, im Barbaricum z.B. auf Gürtelgarnituren gefunden, durch das Soldwesen verbreitet. Aus dem plastischen röm Stil wurde ein verflachter german Stil mit seitlich im Profil und im Rahmen angeordneten Tierformen. Doch sollte sich die Motivik nicht auf Tierfiguren allein beschränken, sondern geometrische Muster, Flecht- und Schlingbänder oder florale Elemente wurden genauso aus der röm Kunstwelt übernommen (siehe spätantike röm Mosaike als Anleihe). Das wirkte prägend auf den Tierstil II in der 2. Hälfte des VI. Jhs bis zum Ende des VII. Jhs ... [weiter Menghin, Tauschierarbeiten der MWZ, S. 35-64]
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Kommende Jahrhunderte - Ausblick Der Sieg des Christentums – Die schweren inneren Krisen mit Kaisermorden, Usurpationen, Bürgerkriegen, Abspaltung und Reichsteilung, hatte tiefe Spuren im röm Gesellschaftssystem hinterlassen. Regierungszentren befanden sich aufgrund dezentralisierter Staatsverwaltung nicht ausschließlich in Rom, sondern in Mailand, Trier, Arles, Lyon, Ravenna, Antiochia oder Konstantinopel. Jene Orte lagen näher an den Brennpunkten des Geschehens oder waren besser zu verteidigen als die Stadt am Tiber, nach den Plünderungen durch Goten 410 und Vandalen 455 schwer angeschlagen. Denn das Undenkbare war geschehen. Die einst mächtige Stadt, „Leuchte des Erdkreises“ war Barbaren anheim gefallen. Spätantike Autoren wie Zosimus oder Marcellinus warfen der neuen Staatsreligion dem Christentum vor, dass es alte röm Tugenden schwäche und aufweiche. Diese Religion war aus unteren Schichten der Sklaven, Armen und Soldaten aufgestiegen in die Herrschaftsränge des Reiches. Augustinus bemühte sich wortreich um die Verteidigung des neuen Glaubens, als die alte Vielgötterei wegen des Versagens der christlich röm Macht, welche zunehmend weniger Antworten auf die neuen Bedrohungen dieser Zeit fand, Aufwind bekam. Während Rom zu Asche versank, begannen Kirchenväter, wie Salvianus von Marseille, die Idee eines geistigen - vielleicht eher geistlichen – Roms, eine himmlische Stadt ohne Mauern, zu entwerfen. Der Aufstieg des „christlichen Phoenix“, so überlebte die Idee von ROM; und nicht nur die Idee, sondern römisches Machtstreben überhaupt. Senatoren besetzten hohe geistliche Ämter und strebten, allen voran der Bischof von Rom (in Konstantinopel nur als einer von fünf Patriarchen angesehen), erneut zu politischer Macht, nun durch das Christentum. Die schärfste Waffe war der Stilus, bzw Griffel oder Gänsekiel. Damit hatte ROM seine Geschichte geschrieben und die Kirche schrieb sie weiter, von bleibendem Wert. Die Auseinandersetzung von sacerdotium und regnum barbarorum („tumbe“ Germanen) trug den Konflikt der Völkerwanderungszeit ein Jahrtausend lang durch das gesamte Mittelalter ! Gewinner würde der „lachende Dritte“, das Bürgertum der aufstrebenden Städte, sein.
Oströmer bezeichneten sich selbst in Anspruch römischer Traditionen als „Romäi“. Sie waren also keine Nachfolger, sondern Herrscher in einem existierenden ROM, wenn auch hellenisiert, aber das wurde Westrom einst auch und wäre ohne diese Vorgänge nicht zu seiner Größe aufgestiegen. Die Kontinuität des östlichen Kaisertums ist von den Zeitgenossen nicht angefochten worden. Es gab nach dem Fall im Westen nur einen Kaiser, einen Herrscher der Welt, der saß in Konstantinopel. Der Ostgote Theoderich an Kaiser Anastasios I. (491-518) Anfang des VI. Jhs: „Ihr aber seid die schönste Zierde aller Reiche. Ihr steht dem ganzen Erdkreis zu seinem Heile vor, und zu Recht erkennen die übrigen Herrscher und vor allem wir dies an...Unser Königtum ist ein Abbild Eurer Herrschaft und insofern wir Eurem guten Vorbild folgen, dem einzigen Beispiel für ein Kaiserreich auf Erden, gehen wir den anderen Völkern voran“ [DWFMA, S. 6]. Schwere Stöße sollte das Ostreich durch die Kriege gegen Sassaniden und mit der Expansion islamischer Völker im VII. Jh erfahren. Kaiser Herakleios (610-641) erhob Griechisch, im Osten dominierend, zur Amtssprache. Zugleich legte er den Titel imperator ab und nannte sich fortan offiziell basileus. Durch die mißglückte Rückeroberung des Westens macht es in der Forschung Sinn seitdem nicht mehr von „oströmischer“, sondern von einer „byzantinischen“ Geschichte zu sprechen, aber im Eigenverständnis der Zeitgenossen mag man dies anders gesehen haben! |
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Literatur mit Angabe oben verwendeter Kürzel [fett] siehe „Literatur FMA“
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VI.-VIII. / IX.-XI. / XI.-XIII. / XIII.-XIV. / XIV. / XV. / XV.-XVI. Jh |
1/ „ROM“ wird bewußt in Großbuchstaben geschrieben, da die Stadt am Tiber wohl Ursprung der Expansionsbestrebungen und damit der späteren Reichsausdehnung war, zugleich aber auch der „Idee von ROM“ und das beinhaltete weitaus mehr. Es war die überhebliche Vorstellung ein ausgewähltes Volk zu sein mit weitreichender Vergangenheit und Geschichtsbewußtsein durch hohe Schriftlichkeit, sehr effiziente Wirtschaftsformen zu besitzen mit überlegenen administrativen und militärischen Strukturen, prädestiniert zu den „Herren der Welt“. Unvereinbar schien damit die Vorstellung von diesem Thron hinabsteigen zu müssen...
2/ Übernommen und erhalten wurde es vornehmlich von denjenigen, die davon profitierten. Wie im Röm Reich die Masse besteuert und die soziale Elite privilegiert wurde, änderte sich in der Folge an diesem System nichts. Die Kirche sorgte für moralische Rechtfertigungen, spendete mit dem üblichen „Mummenschanz“ [Deschner] den Nicht-Privilegierten Trost und verwies auf das Jenseits, um jene gefügig zu halten. Vor der Übernahme des römischen soll das germanische Gesellschaftssystem freier und offener gewesen sein. Ob das eine romantische Verklärung ist oder auf historischen Tatsachen beruht, sei dahin gestellt. „Germanen“ werden hier thematisiert und es mag Probleme der Annäherung geben. Aber es öffnet sich ein eleganter Weg, indem man dem Begriff keine ethnische Zuweisung gibt, „Germanen“ also nicht als ein Volk ansieht, sondern als „archäologische Kultur“, wie dies durch Gemeinsamkeiten in Artefakten und Sitten für bestimmte Räume z.B. für „Rhein/Weser“ oder „Elbe“ gebräuchlich ist. Nach D. Berenger (2000) ist es durch die archäologische Gleichförmigkeit der „Rhein/Weser-Kultur“ unmöglich die germanischen Stämme, welche Tacitus in seiner „Germania“ explizit nennt, voneinander zu scheiden. Der Althistoriker Mischa Meier merkte an, dass „Völker“ grundsätzlich höchst instabile Gebilde sind, die ständig Veränderungen unterliegen, politisch motiviert und durch komplexe Prozesse Identitäten bildend. In den 1970er Jahren wurde deutlich formuliert: „Germanentum und Deutschtum sind nicht identisch“ [Gebhardt, Handbuch der dt Geschichte, Bd. II, S. 14]. Die unerlaubte Gleichsetzung entsprang nationalen Ideen des XIX. Jhs, erfuhr im Kaiserreich nach 1871 eine Überhöhung und der Nationalsozialismus setzte dies fort. So mögen aus den zahlreichen Neuauflagen der Dt Vorgeschichte (1911/12) von G. Kossina (gest. 1931) Zeichnungen und Abbildungen interessant sein, den wortgewaltigen Text aber gilt es selbstverständlich zu hinterfragen. Die von ihm vorgenommene Gleichsetzung von Völkern mit Kulturräumen anhand von archäologischen Funden wird heute verworfen. Die moderne Archäologie sucht nicht mehr nach vermeintlichen Siedlungsgebieten, sondern sieht in Verbreitungsmustern von Funden eher Hinweise auf soziale Komponenten von Individuen, deren Abhängigkeiten im sozialen Gefüge oder Hinweise auf Mobilität. Für die Beschäftigung mit der römischen Kaiserzeit (RKZ) aus der Sicht der Germania Magna, jenseits der Grenzen des Imperiums ist die Publikation zur Ausstellung SAXONES in Hannover und Braunschweig 2019 sehr anschaulich, obwohl hier der Aspekt des „Netzwerks“ sozialer Eliten im „Barbaricum“ m.E. aus verständlich moderner Sichtweise etwas überstrapaziert wird. Die „Netzwerker“ der germanischen Oberschicht waren sich untereinander oft wenig einig und im „Netz gewisser Abhängigkeiten“ wird man erkennen müssen, dass alle gemeinsam „auf die Spinne“ im Zentrum blickten, nämlich ROM. Deutlicher Hinweis ist der Austausch von Statussymbolen über Stammesgrenzen hinweg indem röm Objekte weit nach Osten „wanderten“. Es wurden Begehrlichkeiten geschaffen, auch bei Stämmen, die keinen direkten Umgang mit Römern pflegten. Autoren, wie Jörg Jarnut fordern eine radikale Neuorientierung althergebrachter Anschauungen [siehe: Germanisch. Plädoyer für die Abschaffung eines obsoleten Zentralbegriffs der Frühmittelalterforschung, in: Walter Pohl (Hrsg.), Die Suche nach den Ursprüngen].
Nebenbei soll bemerkt werden, dass die Bedeutung der 12 Jahre NS-Terror-Herrschaft bis in unseren heutigen Alltag eine schwere Bürde ist, die noch Generationen immer neue Erklärungs- und Deutungsmuster abverlangen wird. Aber Geschichte ist nicht von hinten nach vorne zu betrachten. Unsere zeitlich weit entfernten Vorfahren, auf die hier „ein Licht geworfen wird“ haben nichts zur Entstehung des Nationalsozialismus beigetragen, es gibt keine direkte Entwicklungslinie dahin, keinen Automatismus [Schuld an dessen Aufstieg trägt das totale Versagen der sozialen Eliten, welche den I.WK verursachten, so dass sich geschundene und psychisch deformierte Frontkämpfer - ehem. unbescholtene Bürger (!), zum Dienst an der Waffe gezwungen - den Weg aus dem Schlamm der Gräben mit Hilfe „nationaler Kräfte“ an die Spitze der Macht bahnten, eine proletarische Revolte]. Die „Pest des Nationalismus“ ist bis heute außerordentlich wirksam ! So wird Vergangenheitsforschung immer wieder instrumentalisiert im Dienst der Politik oder Wirtschaft oder oder...
3/ Das Heer der Republik bestand zunächst aus einberufenen Milizen. Das Berufsheer des Marius (157-86vC) galt seit dem Bürgerkrieg als kritischer Faktor für die politische Stabilität im röm Staat. Mit der Anerkennung Octavians (63vC-14AD) zum „Augustus“ 27vC war die Armee Garant der Macht, denn Octavian hatte seine Kontrahenten nur mit Hilfe des Militärs niederringen können. Kein Kaiser sollte zukünftig herrschen ohne Zustimmung der Armee. So war es wichtig das Militär mit Grenzsicherung, Ausbau der Infrastruktur in den Provinzen und immer neuen Feldzügen zu beschäftigen, damit sich seine Ambitionen nicht ins Innere des Staates richten konnte. Jeder Herrscherwechsel bedeutete Unruhe und Unsicherheit, falls es dem Heer gefiel den eigenen Kommandeur zum Gegenherrscher auszurufen. Es gab Jahre mit bis zu vier gleichzeitigen „Kaiser-Usurpatoren“. Truppenmassierungen sollten für röm Machthaber kritisch sein und man versuchte möglichst die Legionen auseinander zu ziehen, was aber durch die großen Feldzüge an Rhein und Donau oder Euphrat und Tigris nur bedingt gelang - Krisenpunkte verlangten Truppenkonzentrationen. Seit spätrepublikanischen Zeiten hatte die Armee eine multi-ethnische Zusammensetzung, wobei die Zuordnung nach Truppen der socii, Bundesgenossen und Hilfstruppen/Auxilien zu den eigentlichen Legionen lange Zeit klar getrennt war. Doch in der Spätantike lösten sich diese Strukturen auf, so dass barbarische Kontingente, die unter ihren Befehlshabern kämpften und kostengünstiger für den röm Staat waren als eigene Truppen, immer stärkeres Gewicht in der Reichsverteidigung bekamen.
4/ In der Spätantike wurden mit Verbreitung des Christentums als Staatsreligion zahlreiche Tempel, Thermen und Basiliken zu Kirchen umgestaltet. Im Zuge der Barbareneinfälle vom III. bis zum V. Jh dienten viele Monumente als Materialquelle, verbauten gefährdete Provinzen Spolien, wie Grab- und Weihesteine in Stadtbefestigungen, so in Mainz nach 250 AD oder verkleinerte Sicherungsareale und die Tore. In Gebieten, welche sich im Besitz germanischer Eroberer befanden, wie in Nordafrika, richtete man Keramikmanufakturen in ehemaligen Badeanstalten ein oder betrieb in ihnen Kalkbrennöfen. Nach der Rückeroberung sicherte Ostrom im VI. Jh nordafrikanische Städte gegen Berber- und Maureneinfälle u.a. durch die Befestigung von Foren oder Theatern, die vorher zur Freizeitunterhaltung von „romanisierten Vandalen“ besucht worden waren. Der ehemalige provinzialrömische Statthalterpalast in CCAA (Köln) blieb nach der Übernahme durch ripuarische Franken ihr Herrschaftssitz. Steinerne Bauelemente besserte man durch Holzkonstruktionen aus. Die spätantike Stadtlandschaft veränderte ihr Antlitz, war in Grundzügen aber noch vorhanden, wenn auch auf konzentrierte und verkleinerte Areale. Der Bischof von Konstanz richtete um 600 seinen Amtssitz auf dem „Münsterhügel“ in den noch erhaltenen röm Anlagen ein, eine ummauerte repräsentative Bischofsburg. Für das Münster nutzte man die Fundamente der röm Kastellmauer. Nicht selten bildeten in den Städten stabile unterirdische röm Relikte die Grundlage für himmelwärts strebende mittelalterliche Bauprojekte.
5/ Die folgenden Begrifflichkeiten mögen hinsichtlich der Entwicklung im MA bekannt vorkommen: Nach den Reformen der beiden Herrscher beruhte seit dem IV. Jh die größten Einnahme des Staates auf der Grundsteuer des landwirtschaftlichen Besitzes, hinzu kam die Kopfsteuer, die alle 15 Jahre nach dem Steuerkataster neu geschätzt wurde. Auch indirekte Steuern und Zölle füllten die Kassen. Dazu kamen persönliche Hand- und Spanndienste bei Großbauten, die Herbergs-, Quartier- und Versorgungspflicht für reisende Beamte oder die Armee, die Stellung von Zugtieren für die Post, uvam. Nur die Mittel- und Unterschicht wurden für diese Leistungen herangezogen. Senatoren, Großgrundbesitzer und die „junge Kirche“ waren von diesen Lasten befreit! Dafür leisteten jene ehrenamtliche Dienste in der Verwaltung, hafteten mit ihrem Privatvermögen für Schwächen der Amtsführung [...sollte man mal wieder einführen...] oder für die Aufbringung des Steuersolls und zahlten die Reststeuerschuld aus ihrem Vermögen. Um eine Ämterflucht zu verhindern wurde die städtische Verwaltung, neben anderen Dienstpflichten, zum erblichen Frondienst für den „Bürger“ als Stadteinwohner. Auch Staatsdiener und Soldaten wurden erblich an ihren Beruf gebunden ! Viele Großunternehmen, wie Bergwerke, Waffenfabriken, Tuchwebereien, Brennöfen, Münzstätten, etc befanden sich in Staatshand, somit waren die Beschäftigten zwangsverpflichtet und hatten keine freie Berufswahl. Es entstand ein staatliches Zunftwesen und eine statische Gesellschaftsordnung von strengen „Kasten“, ohne Dynamik, ohne soziale Mobilität oder Aufstieg. Die Privatinitiative in der Wirtschaft erlag, so dass der Staat wiederum als Hauptabnehmer, vor allem durch die Armee, einspringen musste. Handel und Geldwirtschaft gingen zurück, zunehmende Naturalwirtschaft erzwang die Steigerung landwirtschaftlicher Produktion. Aber auf dem Land herrschte ein Mangel an Arbeitskräften, da Jahrhunderte lang Sklaven diese Dienste verrichtet hatten und der „Nachschub“ mangels Siege ausblieb. Das freie Kleinbauerntum verfiel stetig, einher ging die Monopolisierung durch senatorische Großgrundbesitzer, die aufgekauftes Land verpachteten. Der nun abhängige Bauer wurde durch Erbpacht an seine Scholle gebunden, damit der Boden nicht brach fiel und die Grundsteuer, als Hauptsteuer des Staates, erbracht werden konnte. Der Bauer galt als unveränderliches Zubehör von Hof und Gut, ein Vorbild für die mittelalterliche Grundherrschaft. Ganze Landstriche lagen durch die Bürgerkriege, Flucht und sinkende Zahlen der Landbevölkerung wüst. Freigelassene und ehem. Kriegsgefangene („Laeten“) wurden seit Beginn des IV. Jhs dort heimisch gemacht. Sie beseitigten Kriegsschäden, betrieben in speziellen Militärsiedlungen Landwirtschaft und waren der Wehrpflicht unterworfen. Barbarischen Fürsten wurde vertraglich Grenzland angeboten, im Gegenzug für die Verteidigung dieser Räume, wie im Fall der Franken in Toxandrien oder Goten in Dakien auf dem östl. Balkan oder in Aquitanien. Durch die Vergabe von Land an solche Foederaten entfielen dem Staat die Steuereinnahmen der einstigen römischen Grundbesitzer. Durch die fehlenden Gelder konnten Soldaten in röm Diensten nicht mehr besoldet werden, so dass die Reichsverteidigung immer stärker durch selbständige barbarische Kontingente übernommen wurde, die kein Sold, sondern Land zur Eigenbewirtschaftung erhielten. Foederatenverträge sprachen den Barbaren ein Drittel der Einnahmen sowie des Grund und Bodens der jeweiligen besetzten Provinzen zu. Dafür leisteten sie Kriegsdienste. Es war im Endeffekt erheblich günstiger Barbaren auf diese Art und Weise zu entlohnen als röm Soldaten jährlich unter festen Sold zu halten! Den Westgoten wurde bei ihrer Ansiedlung in Aquitanien zugestanden „ihren“ Anteil am Steueraufkommen selbst einzutreiben. Nicht anders handhabten es die großen röm Grundbesitzer durch ihre Privatsoldaten, den buccellarii, mit denen sie auch die niedere Gerichtsbarkeit durchsetzten und, ähnlich wie die angesiedelten Germanen, allmählich eigene Machtzellen im Staat bildeten. In den Provinzen lag das wirtschaftliche, politische und militärische Schwergewicht. Sie wurden beherrscht von immer selbständiger werdenden Grundbesitzern, Statthaltern und Generälen, von barbarischen Heerführern, neudt „Warlords“ oder besser Gefolgschaftsführern, die für Sold und Beute stritten, so dass der Einfluß der zentralen Regierung in den vier grossen Präfekturen schwand. „...bereits in der ausgehenden Antike erwuchs eine feudale Gesellschaftsordnung,“ [Gebhardt, Handbuch der dt Geschichte, Bd. II, S. 14]. Übrige Ausführungen nach Bosl 1970, heute bzgl. der Frage des „Zwangsstaats“ in der Forschung nicht unbestritten, denn verglichen mit der modernen Bürokratisierung waren die Mittel und Möglichkeiten in der Spätantike eher moderat. Die neuere Forschung distanziert sich von solchen Ansichten, demnach sei keine soziale Erstarrung und vor allem kein wirtschaftlicher Niedergang festzustellen, die Produktivität soll im IV. Jh gestiegen sein.
6/ Germanen waren auch umgekehrt bereit Tribute zu entrichten, siehe Prokop Vandalenkrieg III, 4: „ [Geiserich] schloß mit Kaiser Valentinian Frieden, versprach einen jährlichen Tribut zu zahlen und stellte einen seiner Söhne, Hunerich, als Geisel.“ Eine gute Einführung in die Zeit von der Spätantike ins FMA und nicht ohne eine „Prise Exotik gewürzt“ durch das ungewöhnliche Germanenreich rund um Karthago, bietet der lesenswerte Ausstellungskatalog DKdVa, daraus zitiert R. Prien, Archäolog. Migrationsforschung, S. 140 und verknappt S. 100, die Gründe von A. Demandt warum das Westreich wankte: Aufstieg des Christentums mit fatalem Mentalitätswandel, sozialökonomische und naturwissenschaftliche Ursachen (Klimawandel), drückende Steuerlasten, Versagen von Staat und Verwaltung mit allgemeiner Dekadenz bei dem Verfall der eigenen Wehrhaftigkeit gegenüber einem gesteigerten Kampfpotential auf barbarischer Seite. Empfehlenswert auch der Artikel von H. Wolfram, Kontinuität und Diskontinuität am Übergang von der Spätantike zum FMA, in: Attila und die Hunnen. Ausstellungskatalog des Hist. Museums der Pfalz Speyer 2007, S. 149-153.
7/ Bzgl des Rheinübergangs wird spekuliert inwieweit dieser Zug ins Ungewisse aus der Not heraus geboren war, mglw durch hunnischen oder alanischen Druck ausgeübt wurde Sueben und Vandalen aus ihren Sitzen verdrängend oder auf „Einladung“ eines lokalen röm Machthabers und Usurpatoren, welcher Barbaren in seine Vorhaben einzubinden gedachte. Für den späteren Pyrenäenübergang in den spanischen Raum ist die Einmischung in innerröm Auseinandersetzungen durch Prokop bezeugt. Die Zentralverwaltung in Rom wollte germanische Eindringlinge aus Spanien vertreiben und zwang die Westgoten, welche sich bereits auf röm Territorium befanden, durch Abschnürung der Nahrungslieferung zum Kampf gegen die eingedrungenen Alanen, Vandalen und Sueben. Für ihre Dienste erhielten die Westgoten als Dank den begehrten Foederatenvertrag und Siedelgebiete in Südwestfrankreich. Trotz hoher Verluste konnten sich die Vandalen zunächst in Spanien halten, doch scheinbar war der erneute Ruf eines röm Regionalmachthabers für sie der Grund die riskante Überfahrt nach Nordafrika zu wagen. Sie kamen, sahen (die Reichtümer) und blieben. Stück für Stück eigneten sie sich bis 439 die ehemalig reichen röm Provinzen an und errichteten ihr neues Staats- und Gesellschaftssystem nach Umverteilung der Eigentumsverhältnisse, nicht ohne skrupellose Mißhandlungen der ehemaligen röm Besitzer, sofern jene nicht zur Zusammenarbeit bereit waren, zumal jene der gegnerischen kathol. Religionsrichtung angehörten, was Vandalen die „schlechte Presse“ bescherte. Kurzzeitig fanden sie notgedrungen Anerkennung durch die röm Regierung. Mit Verschlechterung der Beziehung kam es 455, angeblich wieder auf Ruf und Bitte, zur Einmischung in innerröm Zwistigkeiten und Plünderung Roms. In der Folgezeit praktizierten Vandalen ausgedehnte Beutezüge per Schiff im Mittelmeer, bald hatten sie durch röm Autoren vollends ihren Ruf bei der Nachwelt weg. Geschickt war auch nicht gerade ihr Umgang mit den Goten. Die Ehe Hunerichs mit der Tochter des Westgotenkönigs wurde unter dem Vorwand gelöst, dass sie versucht haben soll Geiserich zu vergiften. Man schickte sie mit abgeschnittener Nase und abgeschnittenen Ohren zu ihrem Vater zurück! Amalafrieda, die Schwester Theoderichs des Großen, der Anfang des VI. Jhs versuchte german Völker durch Bündnisse gegen Ostrom zu einen, wurde in vandalischer Haft ermordet. Vandalen fügten sich, ähnlich wie die Franken im Norden, nicht dem ostgotischen Bündnissystem. Deshalb rührten die Goten keinen Finger, als Ostrom mit Belisar begann in den 530ern Nordafrika den Vandalen zu entreissen, ganz im Gegenteil sie leisteten oström Truppen Hilfestellung.